Fünf Jahre Dieselgate: Das Misstrauen bleibt

Der VW-Konzern stellt sich heute gerne als moralische Instanz dar. Tatsächlich hat sich der Autobauer nur bewegt, wenn er nicht anders konnte.

Die Auspuffanlage eines Volkswagens vor der Konzernzentrale in Wolfsburg

Die Abgaswerte von Volkswagen sind immer noch ein Skandal Foto: Jan Huebner/imago

Wolfsburg hat sie die „Volkswagen Group Essentials“ getauft, Leitsätze guten Konzernhandelns. Außerdem gibt es das „Role Model Program“ für die Chefs „zum Abbau von Machtdistanzen zur Förderung einer offenen Kritikkultur“. Angeblich wurden zudem 550.000 VW-Mitarbeiter in den ersten Monaten des Jahres mit einem Programm namens „Together4Integrity“ geschult.

Schade, dass es so weit kommen musste: Europas größter Konzern hat tatsächlich seine Mitarbeiter in tugendhaftem Agieren unterrichtet. Und jetzt? Ist es glaubhaft, dass sich VW fünf Jahre nach dem Auffliegen des systematischen Abgasbetrugs zum moralisch agierenden Unternehmen gewandelt hat? Können die KundInnen Volkswagen nun trotz Dieselgate vertrauen? Immerhin: VW hat bislang als einziger der Schummelkonzerne zugegeben, Abgaswerte systematisch gedrückt zu haben.

Allerdings: Stets gingen die Volkswagen-Manager erst in Büßerstellung, wenn es gar nicht mehr anders ging. In den USA, wo der Skandal durch die peniblen Nachforschungen der kalifornischen Umweltbehörde begann, versuchte VW die systematischen Manipulationen zunächst noch mit Rückrufen zu vertuschen. Trotz weltweiter Folgekosten in Höhe von inzwischen 33 Milliarden Euro hat sich Volkswagen in Deutschland jahrelang geweigert, KundInnen zu entschädigen. Erst Ende dieses Jahres sollen die letzten Vergleiche mit 50.000 DieselbesitzerInnen geschlossen worden sein.

Klingt nicht nach ehrlicher Reue, sondern nach Konzernjustitiaren und -strategen, die stets eine feine Linie ziehen zwischen: Was müssen wir tun, um einer Strafe zu entgehen – und was nicht?

2015 Dieselgate, 2005 die Affäre um geheime Boni, Schmiergelder und Bordellorgien von Betriebsratsmitgliedern. Volkswagen steht für einen weltweiten Megakonzern, für Käfer und Golf, für Mobilität für viele. Wahrscheinlich, dass der Kadavergehorsam bei VW nicht nur zur Größe, sondern auch zu den Grenzüberschreitungen geführt hat – und Teil des „Systems VW“ ist.

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Ist Leiter des Ressorts Wirtschaft und Umwelt. Er hat in Bonn und Berlin Wirtschaftsgeschichte, Spanisch und Politik studiert. Ausbildung bei der Burda Journalistenschule. Von 2001 bis 2009 Redakteur in Bremen und Niedersachsen-Korrespondent der taz. Dann Financial Times Deutschland, unter anderem als Redakteur der Seite 1. Seit 2012 wieder bei der taz.

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