Früherkennung Brustkrebs: Auch kleine Karzinome entdecken
Ein Früherkennungsprogramm von Brustkrebs legt erste positive Ergebnisse vor. Das Screening wird aber auch wegen der Überdiagnostizierung kritisiert.
Immer mehr Frauen können nach der Diagnose von Brustkrebs geheilt werden. Das ergab eine Auswertung eines 2005 europaweit eingeführten Mammografie-Screening-Programms. Dessen Ergebnisse für Deutschland stellte die Kooperationsgemeinschaft Mammografie (KGM) am Mittwoch vor.
Durch das Screening, eine Röntgenaufnahme der Brust, würden heute doppelt so viele Tumore und Karzinome erkannt, die kleiner sind als ein Zentimeter, sagte Karin Bock, Leiterin des Referenzzentrums Mammografie Südwest: "Solche kleinen Karzinome ertasten die Frauen selbst meist nicht." Entdeckten Frauen Knoten in der Brust oder in der Achselhöhle, seien diese in der Regel größer als zwei Zentimeter. "Dann sind die Prognosen auf Heilung aber schlechter", erklärte Karin Bock.
Jede Frau zwischen 50 und 69 Jahren kann alle zwei Jahre kostenlos eine Mammografie-Untersuchung vornehmen lassen. Rund die Hälfte von ihnen tut das im Rahmen des staatlichen Screening-Programms. Brustkrebs fordert unter allen bösartigen Tumorarten unter Frauen die meisten Todesopfer, jährlich etwa 17.000. Durch das Screening und die frühzeitige Erkennung könne aber Leben gerettet werden, erklärte Wolfgang Aubke, Vizevorsitzender des KGM-Beirats. Durch das Screening werde heute bei 8 von 1.000 Frauen Krebs entdeckt. Früher seien es 2 bis 3 gewesen.
Eine exakte Aussage darüber, wie viele Frauen durch eine verbesserte Früherkennung überleben, könne jedoch infolge des kurzen Zeitraums noch nicht gegeben werden. Man rechne mit einer "Evaluation der Mortalitätsraten" erst 2018, so Karin Bock.
KritikerInnen indes sehen im Screening nicht den propagierten Nutzen. Durch die Röntgenaufnahmen werde Brustkrebs zwar früher entdeckt, das ersetze aber keineswegs Vorsorge wie beispielsweise eine gesunde Lebensweise.
Darüber hinaus würden Frauen häufig "überdiagnostiziert und übertherapiert": Manche Frauen werden zu Nachscreenings aufgefordert, wenn die erste Untersuchung nicht eindeutig war. Dadurch würden Betroffene unnötig psychisch belastet. Wolfgang Aubke wehrte diese Kritik ab: "Das ist eine wissenschaftliche Elfenbeindiskussion."
Lesen gegen das Patriarchat
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ergebnis der Sondierungen
Auf dem Rücken der Schwächsten
Krieg im Nahen Osten
Definitionsmacht eines Genozids
Frauen und Krieg
Krieg bleibt männlich
Verhandlungen mit den Grünen
Und was ist mit dem Klima?
Sondierung und Klima
Ein Kapitel aus dem Märchenbuch
Grünen-Realo Sergey Lagodinsky
„Vollgas in die Sackgasse tragen wir nicht mit“