Früherer Polizei-Vize Wolfgang Daschner: Der Mann ohne Reue
Wolfgang Daschner hat angeordnet, dass ein Beamter Magnus Gäfgen mit "unvorstellbaren Schmerzen" droht. Dafür wurde er verurteilt. Bereut hat er es nie.
Es ging um eine nicht unwichtige Frage, damals im Oktober 2002: Darf die Polizei einem Täter Gewalt androhen, um das Leben des Opfers zu retten? Wolfgang Daschner, damals Frankfurts Vizepolizeichef, beantwortete sich die Frage selbst. Ja, die Polizei darf. Deshalb wies er den Kriminalhauptkommissar Ortwin Ennigkeit an diesem Morgen an, dem Entführer Magnus Gäfgen bei der nächsten Vernehmung Schmerzen anzudrohen.
Dafür wurde Daschner inzwischen verurteilt. Wegen der Verleitung zur Nötigung und wegen Verleitung zum Missbrauch der Amtsbefugnisse. Das Strafmaß: 10.800 Euro auf Bewährung. Er selbst hatte sein Verhalten in einer Akte vermerkt, er war sich bewusst, dass es rein rechtlich fragwürdig war. Dass er damit eine bundesweite Debatte um den Einsatz von Folter auslösen würde, war ihm wohl nicht bewusst.
Bereut hat er es dennoch bis heute nicht. Der Handlungsdruck sei enorm gewesen, sagt er. Er hat oft genug wiederholt, dass er sich immer wieder so entscheiden würde - er hat es so oft gesagt, bis ihn das hessische Innenministerium bat, es zu lassen. Das Urteil gegen ihn hat er immer als ungerecht empfunden. In Berufung wollte er trotzdem nicht gehen, vor allem, weil er seine Familie schützen wollte.
Das Wort "Folter" will er im Zusammenhang mit dem Fall Gäfgen nicht verwenden, auch jetzt nicht. Gefoltert worden sei nur der Bankierssohn Jakob von Metzler, sonst keiner. Auch seine Ablösung als Vizepolizeichef sei eine Demontage gewesen, durch nichts wiedergutzumachen. "Wer litt, vergisst nicht", sagte er vor einigen Jahren in einem Interview.
Das Disziplinarverfahren gegen Daschner wurde später eingestellt, der Beamte als Leiter des Präsidiums für Technik, Logistik und Verwaltung nach Wiesbaden versetzt. Seit Mai 2008 ist er im Ruhestand.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!