: Frische Literatur aus Nord
■ Nordische Literaturtage: Fünf Abende mit neun AutorInnen
Heute beginnen die Nordischen Literaturtage. Im Rahmen dieser wichtigsten kulturellen Austauschmöglichkeit mit Skandinavien stellen sich bis zum 24. November neun Autoren im Literaturhaus vor. Organisator Hinrich Schmidt-Henkel gab Auskunft.
taz: Sie haben die Nordischen Literaturtage konzipiert. Was reizt Sie an der skandinavischen Literatur?
Hinrich Schmidt-Henkel: Da ist natürlich mein ganz persönlicher Zusammenhang mit Skandinavien von Bedeutung. Das reicht bis in meine Kindheit, in der skandinavische Kinder- und Jugendliteratur sehr prägend war.
Wenn man an „Sophies Welt“ denkt oder auch an Per Olov Enquist, der im „Literarischen Quartett“ promotet wurde, hat man nicht das Gefühl, die skandinavische Literatur hätte weitere Werbemaßnahmen nötig. Warum also die Nordischen Literaturtage?
Sie sind nötig. Einzelne Bücher haben natürlich inzwischen großen Erfolg, aber das sind gerade auch die Auswirkungen der Vermittlungsanstrengungen, die bisher geleistet wurden. Das geographische und historische Abseits Skandinaviens muß aufgehoben werden. Übrigens auch das sprachliche Abseits. In den allermeisten Verlagen, selbst in den größten, gibt es niemanden, der etwa Norwegisch spricht, Isländisch schon gar nicht.
Wie haben Sie die Autoren ausgewählt?
Wir haben uns um eine ausgewogene Mischung der verschiedenen Gattungen, Geschlechter und Lebensalter bemüht. Zwischen Newcomern und Arrivierten sollte auch ein gelungenes Mischungsverhältnis hergestellt werden. Und wir haben Autoren eingeladen, von denen Übersetzungen greifbar sind. Letzteres trifft zwar nicht für alle zu, aber bei Solvej Balle zum Beispiel hoffe ich, daß sie durch die Literaturtage jetzt auch einen deutschen Verlag findet. Natürlich kommt insgesamt bei der Auswahl eine Portion subjektiver Vorlieben ganz klar hinzu.
Das Programm reicht vom 74jährigen Enfant terrible Jørgen Nash über eben den Arrivierten Enquist bis hin zum isländischen Neoavantgardisten Sjón. Das klingt etwas beliebig.
Wir haben uns vor allem um Vielfalt bemüht. Aber ist das schon Beliebigkeit? Jeder der Autoren kann für sich allein stehen. Hier setzt sich Qualität hoffentlich durch. Darauf, die Tage unter ein gemeinsames Motto zu stellen, haben wir bewußt verzichtet.
Wie weit lassen sich die Autoren zusammenfassen? Gibt es tatsächlich so etwas wie eine einheitliche skandinavische Literatur?
Natürlich gibt es gemeinsame sprachliche und kulturelle Herkunftsbeziehungen. Aber auf gar keinen Fall lassen sich die Autoren in eine gemeinsame Schublade stecken. Insofern kann man „skandinavische Literatur“ allein als Herkunftsbezeichnung sehen.
Die Moderation der Abende haben neben Ihnen Wolfgang Butt, Angela Plöger und Sæmundur G. Halldórson übernommen. Was sind das für Leute?
Sie haben auf dem Gebiet der Literatur zwischen Skandinavien und Deutschland vermittelt. Wolfgang Butt etwa hat Enquist übersetzt. Und in seinem eigenen Verlag setzt er sich seit Jahren für die skandinavische Literatur ein. Angela Plöger hat als Übersetzerin wichtige Brücken geschlagen. Halldórson gilt als Kenner der isländischen Literatur und ist mit den eingeladenen isländischen Autoren bekannt.
Fragen: Dirk Knipphals
Heute: S. Balle, J. Nash; Morgen: W. Stürmer, A.-L. Härkönen; Literaturhaus, jeweils 20 Uhr; weitere Termine s. Veranstaltungen
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