Friedhof nicht mehr finanzierbar: Gottesacker liegt brach
Anlage am Bornkamp deckt seit Jahren ihre Kosten nicht. Jetzt soll sie geschlossen werden. Nur noch die Partner Verstorbener können dort beerdigt werden.
Dem Friedhof Bornkamp mangelt es an Nachfrage. Deshalb hat der evangelisch-lutherische Kirchengemeindeverband Altona beschlossen, den Gottesacker stillzulegen. Auf lange Sicht könnte daraus eine öffentliche Grünanlage nach dem Muster des "Wohlers Park" werden.
Der Friedhof in Bahrenfeld ist 1880 vor den Toren Altonas angelegt worden. Er ist einer von drei großen Parkfriedhöfen des Kirchengemeindeverbandes, die sich als grünes Band vom Volkspark bis zum Diebsteich erstrecken. Das sei "unheimlich viel Fläche", sagt Kerstin Harriehausen, die kaufmännische Leiterin des Kirchengemeindeverbandes - Raum, der in heutiger Zeit nicht mehr gebraucht werde.
Harriehausen erklärt das zum einen damit, dass die Sterbequoten niedriger lägen als früher; zum anderen entschieden sich heute viel mehr Menschen dafür, in einer Urne beigesetzt zu werden statt in einem Sarg. Ein Urnengrab ist billiger, bringt also weniger Einnahmen und es benötigt viel weniger Fläche.
Dazu kämen die Besonderheiten des Ortes, sagt Harriehausen. In Altona lebten viele muslimische Migranten. "Die denken nicht daran, sich auf einem kirchlichen Friedhof bestatten zu lassen", sagt sie. Der Friedhof liege überdies isoliert. Es seien keine großen Wohngebiete in der Nähe. "Dieser Friedhof ist aus dem Bewusstsein der Leute entschwunden", sagt Harriehausen.
Der bekannteste Parkfriedhof dürfte der Ohlsdorfer Friedhof sein, der größte der Welt.
Der Kirchengemeindeverband Altona hat drei Parkfriedhöfe: Bornkamp, 1880 angelegt, Diebsteich von 1868 mit Gräbern von Sinti und Roma, sowie Holstenkamp von 1889. Letzterer erweiterte den Friedhof Bernadottestraße, der ebenfalls von den evangelischen Gemeinden betrieben wird.
Der Friedhof Norderreihe wurde 1831 angelegt. Seit 1879 wurden keine Grabstätten mehr verkauft. 1977 wurde er umgewidmet und heißt jetzt "Wohlers Park".
Dabei haben die Altonaer früher den Weg nicht gescheut. Einige imposante Grabmäler zeugen vom Glanz des Bürgertums vergangener Zeiten. Der bekannteste Tote, der hier ruht, dürfte Theodor Zeise sein, der Gründer der gleichnamigen Schiffsschrauben-Fabrik, die heute ein Kultur- und Vergnügungszentrum beherbergt. Einige Gräber weiter ruht der erste Altonaer Fischauktionator, Johann Cors, wie hamburg.de informiert.
Heute ist der Friedhof nur zu 20 Prozent belegt. "Es sind unglaublich viele potenzielle Grabstätten frei", sagt Harriehausen. Manche Felder sind gar nicht belegt, ein Teil der Gräber ist abgelaufen, um einen weiteren kümmern sich die Angehörigen nicht. Der Gemeindeverbund erhält den Hinweis "unbekannt verzogen" und bleibt auf den Gebühren sitzen. Dabei laufen die Kosten für das Freihalten der Wege, den Baumschnitt und eine rudimentäre Grabpflege weiter.
Die Stilllegung des Friedhofs ist ein langwieriger Prozess. 25 Jahre dürfen die Toten hier liegen. Weil es der Gemeindeverband zulässt, dass die Lebens- und Ehepartner sich im Grab ihrer Verstorbenen bestatten lassen können, dürfte sich diese Frist verlängern.
Harrieshausen geht davon aus, dass im Anschluss daran die Stadt den Friedhof übernimmt. Vorbild dafür könnte der ehemalige Friedhof Norderreihe sein, der auch einmal zum Kirchengemeindeverband Altona gehörte und heute als "Wohlers Park" der Erholung dient. Zwischen den erhaltenen Grabmalen wird gepicknickt, Tai Chi geübt und geschauspielert. Dem Bezirksamt Altona sind derartige Pläne nicht bekannt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!