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Friedenspreis des Deutschen BuchhandelsUkrainer Serhij Zhadan geehrt

Zhadan gehört zu den wichtigsten Stimmen der Gegenwartsliteratur. Die Lau­da­tion kam von Sasha Marianna Salzmann.

Serhij Zhadan hat den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhalten Foto: Wolfgang Rattay/reuters

Frankfurt am Main dpa | Der ukrainische Autor und Musiker Serhij Zhadan ist am Sonntag in der Frankfurter Paulskirche mit dem Friedenspreis geehrt worden. „Zhadan begeistert uns – sprachlich, literarisch, musikalisch“, sagte die Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Karin Schmidt-Friderichs. „Sein Engagement für die Menschen in seiner Heimat beeindruckt uns. Er spielt in Metrostationen, holt Menschen aus stark umkämpften Vierteln heraus, liest Gedichte vor vollen Sälen und verteilt Hilfsgüter in der Stadt.“

Zhadan gehört zu den wichtigsten Stimmen der ukrainischen Gegenwartsliteratur. Vom Überleben im Krieg berichtet er eher dokumentarisch in dem gerade erschienenen Buch „Himmel über Charkiw“. „Es ist traurig und bezeichnend, dass wir über den Friedenspreis sprechen, während in Europa wieder Krieg herrscht“, sagte der 48-Jährige in seiner Dankesrede.

Der Krieg verändere das Gefühl für Zeit und Raum. Wer sich im Raum des Krieges befände, mache keine Zukunftspläne, erklärte er. Zudem schilderte er die schmerzhafte Erfahrung, wie der Druck des Krieges Sprache in ihrer gewohnten Form verändere und beschädige. Es sei unerträglich, die Sprache als vertrautes Mittel zu verlieren.

Die Laudatio hielt Sasha Marianna Salzmann, bekannt für Romane wie „Im Menschen muss alles herrlich sein“. Sie würdigte Zhadan als bedeutenden Dichter und Humanist: „In Zhadans Poesie holt die ukrainische Gesellschaft Luft.“ Seine Dichtung sei nie hermetisch, nie in sich verschlossen. Gleichzeitig betonte Salzmann, dass Literatur zwar keinen Krieg beenden, wohl aber die Welt in sich zusammenhalte, indem sie uns die „Innenseite des Menschlichen“ erfahren lasse.

Der Friedenspreis ist mit 25 000 Euro dotiert. Geehrt werden Persönlichkeiten, die in Literatur, Wissenschaft oder Kunst zur Verwirklichung des Friedensgedankens beigetragen haben. Im vergangenen Jahr ging die Auszeichnung an die Autorin und Filmemacherin Tsitsi Dangarembga aus Simbabwe.

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5 Kommentare

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  • Ich hatte irgendwie eine ander Vorstellung vom Friedenspreis....



    Als



    ... jetzt Feindbild Maler zu ehren

    Die Dämonisierung "des Russen an sich" ist furchtbar und untragbar

    Es ist geistige Vorbereitung einer weiteren Eskalation

    Ich hoffe, das die Stimme der Vernunft nicht gänzlich verstummt

    • @Peter Kraus:

      In Ihrer gesamten Kommentarhistorie gibt es keinen auch nur ansatzweise russlandkritischen Kommentar. Die Kriegsverbrechen, Morde, Vergewaltigungen und systematischen Folertungen blenden Sie aus, aber an einem ukrainischen Schriftsteller arbeiten Sie sich ab. Das ist, freundlichst ausgedrückt, peinlich.

  • In dem erwähnten Buch "Himmel über Charkiw" werden Russen (richtig: Russen, ganz allgemein) als Barbaren, Schweine und Unrat bezeichnet; nun kann man natürlich einem Autor, dessen Land gerade angegriffen wurde, seinen Hass nicht zum Vorwurf machen, aber man fragt sich doch nach den Motiven einer deutschen (!) Jury, die ihm dafür einen Friedenspreis (nicht einfach nur einen Literaturpreis) verleiht. Wohlgemerkt, das in einem Staat, in dem die Perspektiven anderer Opfer gerne medial niedergebrüllt werden. Es fällt mir schwer, dem liberalen Kleinbürgertum seine Moral abzunehmen.

    • @O.F.:

      "Es fällt mir schwer, dem liberalen Kleinbürgertum seine Moral abzunehmen."

      Mir auch.

  • »Alles wird Ukraine sein«



    ... Schadan tingelt schon seit Jahren durch den Westen und erzählt einem stetig wachsenden Publikum(sehr gut!) von seinem großen Glück, seit 1991 in einem »Land ohne Lenin« zu leben...Ich schließe mich da an und ergänze zwei Jahre zurück(89)in einem Land ohne Staatsbürgerkunde und ohne Fackeln in den Händen an den hohen Herren*in(Verbrechern*in)vorbeimarschieren zu müssen.



    So liest sich das im" Kampf"blatt der Sevim Dağdelen's und Wagenknecht*te.



    www.jungewelt.de/a...-ukraine-sein.html



    Dann lieber diese Zeitung! Läßt sich gut nebeneinander stellen!



    taz.de/Friedenspre...j-Zhadan/!5885502/