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Friedenspolitik in der Urlaubsfalle

■ GAL-Landesvorstand zerstritten über die Unterstützung des Ostermarsches Von Jürgen Oetting

Die Ostermärsche sind längst nicht mehr das, was sie in den 50er und 60er Jahren waren, doch sie bieten immer noch genügend politischen Sprengstoff, um im GAL-Landesverband für einen inzwischen ungewohnten Strömungsstreit zu sorgen. Der Landesvorstand ist zur Zeit in Fragen der Friedenspolitik in zwei gleichstarke Fraktionen gespalten: Die einen wollen, daß ihre Partei den diesjährigen Ostermarschaufruf ganz offiziell mitträgt, die anderen scheuen keinen formalen Trick, um das zu verhindern.

Auf diese Gemengelage macht die GAL-Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) „Frieden und Internationales“ in einer Presseerklärung aufmerksam. Die LAG wirft insbesondere dem Landesschatzmeister Heinz Spilker vor, mit der Verweigerung der GAL-Unterschrift für den Aufruf des Hamburger Forums zum Ostermarsch die friedenspolitische Beschlußlage der Partei auf „kaltem Wege zu verändern“. Und wittert in der Ablehnung eine bewußte Vorbereitungsmaßnahme für schwarz-grüne Bündnisse in Hamburg.

Ganz unabhängig von den Inhalten der Auseinandersetzung erscheint die Aufregung der LAG-Mitglieder verständlich. Spilker und seine realpolitischen FreundInnen im Landesvorstand nutzen die urlaubsbedingte Abwesenheit von zwei „Nicht-Realos“ (Eigendefinition der nicht blockgebundenen Landesvorstandsmitglieder), um den Ablehnungsbeschluß herbeizuführen. Von den in der letzten Sitzung nicht anwesenden Landesvorstandsmitgliedern Tina Rosenbusch und Rainer Mehl ist bekannt, daß sie eindeutig für eine Unterzeichnung des Aufrufs sind – aber ihre Stimme fiel weg. Um dieser Trickserei einen Riegel vorzuschieben und die GAL noch einmal auf ihre eigenen friedenspolitischen Beschlüsse festzulegen, will die LAG die Angelegenheit auf der Mitgliederversammlung am übernächsten Samstag diskutieren. Mit einem Antrag werden die Unterzeichnung des Aufrufs und die finanzielle Unterstützung der Organisatoren des Ostermarsches gefordert.

Die Chancen für diesen Antrag stehen nicht schlecht, immerhin haben die Kreisverbände Nord, Eimsbüttel, Wandsbek und Altona eine Unterstützung des Ostermarsches beschlossen. Zur Initiative der LAG erklärte das Bergedorfer Landesvorstandsmitglied Lutz Jobs – ein erklärter „Nicht-Realo“ – gestern auf taz-Anfrage: „Das ist sehr begrüßenswert, sehr prima. Ich werde den Antrag mit Sicherheit unterstützen.“ Die Befürchtung der Schwarz-Grün-Vorbereitung hält Jobs jedoch für überzogen. Viel schlimmer sei, „daß Spilker und seine Freunde die Programmatik der Partei essentiell verändern wollen“. Daraus erklärten sich die immer wiederkehrenden „Tabubrüche“ dieser Realo-Gruppe im Landesvorstand.

Auf abgehobener Funktionärsebene hat es in der GAL gerade in friedenspolitischen Fragen schon allerlei „Tabubrüche“ gegeben, die dann meist von der aktiven Basis auf Mitgliederversammlungen wieder repariert wurden – gelegentlich mit drastischen personalpolitischen Konsequenzen. Letztes „Opfer“ eines selbstgemachten Tabubruchs war die langjährige Bürgerschaftsabgeordnete Conny Jürgens, die 1993 aggressiv für massive Militäreinsätze in Ex-Jugoslawien warb. Bald danach bekam sie von der Partei keine Chance mehr, in die Bürgerschaft zurückzukehren. Das nächste „Opfer“ könnte GAL-Schatzmeister Heinz Spilker werden, der zur aktuellen Auseinandersetzung nicht Stellung nehmen kann. Er ist seinen innerparteilichen Kontrahenten in die Urlaubsfalle gelaufen.

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