Frieden zwischen Türken und Kurden: Öcalans Fahrplan

Der inhaftierte Chef der PKK schlägt den Abzug der Kämpfer aus der Türkei in den Nordirak vor. Premier Erdogan sagt dafür de facto Waffenstillstand zu.

Kundgebung für Abdullah Öcalan am 15. Februar 2013 in Diyarbakir. Bild: reuters

ISTANBUL taz | Der inhaftierte Führer der kurdischen PKK-Guerilla, Abdullah Öcalan, hat jetzt klargemacht, wie er sich den Weg zum Frieden vorstellt. In Briefen an die legale kurdische Partei BDP, die aktuelle PKK-Führung im Nordirak und an die PKK im Exil in Europa, macht Öcalan konkrete Vorschläge für die nächsten Monate.

Öcalan schlägt vor, dass sich die in der Türkei stationierten Guerillakämpfer der PKK nach dem kurdischen Newroz-Fest am 21. März aus der Türkei in den Nordirak zurückziehen. Voraussetzung wäre ein De-facto-Waffenstillstand, den auch die türkische Armee einhalten muss. Der türkische Premier Tayyip Erdogan hat zugesagt, dass abziehende PKKler nicht von der Armee angegriffen würden.

Der Rückzug soll bis zum 15. August abgeschlossen sein. Das ist der Jahrestag, an dem die PKK 1984 ihren bewaffneten Aufstand begann. Während dieser Zeit soll eine Kommission neue rechtliche Grundlagen beschließen, durch die die Diskriminierung von Kurden in der Türkei beendet wird.

Dazu gehört an erster Stelle die Änderung der Artikel in der Verfassung, die das Staatsvolk jetzt als Türken definiert und Türkisch als die einzig zugelassene Sprache festschreibt. Öcalan schwebt auch eine Wahrheitskommission nach südafrikanischem Vorbild vor. Für den größten Teil der PKK-Mitglieder soll es dann eine Generalamnestie geben, die ihnen die Rückkehr in ihre Heimat und eine legale politische Tätigkeit ermöglicht.

Neue Verfassung bis Ende April

An einer neuen Verfassung wird seit einem Jahr gearbeitet. Erdogan hat erst kürzlich von der Parlamentskommission, die eine neue Verfassung formuliert und in der alle Parteien vertreten sind, gefordert, die Arbeit bis Ende April abzuschließen. Gelingt das nicht, könnte die regierende AKP allein mit der kurdischen BDP das nötige Quorum aufbringen, damit eine neue Verfassung der Bevölkerung zum Referendum vorgelegt werden kann.

Sowohl Erdogan als auch der Kovorsitzende der BDP, Selahattin Demirtas, haben gestern vor ihren jeweiligen Fraktionen noch einmal klargemacht, dass sie den Weg zum Frieden bis zum Ende gehen wollen. Erdogan, der von der nationalistischen MHP bereits als Verräter angegriffen wird, hat angekündigt, die konkreten Schritte zum Frieden könnten beginnen, wenn die PKK den Rückzug aus der Türkei einleitet. Gemeint ist wohl die Verabschiedung einer Justizreform. Mit dieser wird die Antiterrorgesetzgebung so geändert, dass die meisten der jetzt inhaftierten kurdischen Aktivisten entlassen werden könnten.

Als Zeichen des guten Willens sind in den letzten Tagen einige BDP-nahe Bürgermeister und Journalisten aus der U-Haft entlassen worden, wo sie teilweise seit mehr als einem Jahr wegen Propaganda für die PKK einsaßen. Nach der Stellungnahme der BDP wartet die Türkei nun auf Äußerungen der PKK-Führer im Nordirak und in Europa. Während die Exilkurden mehrfach ihre Unterstützung für Öcalan bekundet haben, muss sich nun zeigen, wie groß dessen Einfluss bei der aktiven Guerilla ist.

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