: Freundlicher Herr Lorant
■ Nach dem 2:1 über den VfL Wolfsburg zeigt sich der 1860-Trainer von seiner besten Seite
München (taz) – Es ist sehr freundlich gewesen von Schiedsrichter Edgar Steinborn, daß er das Bundesligatreffen zwischen 1860 München und dem VfL Wolfsburg nicht durch üppige Nachspielzeit künstlich verlängerte. Das schonte den Rasen im Olympiastadion. Und die Nerven von 1860-Trainer Werner Lorant, dessen Team dadurch einigermaßen pünktlich aufhören durfte, seinen 2:1-Vorsprung zu verteidigen.
Ein zittriger Uefa-Cup-Teilnehmer, zwischenzeitlich auf einem Abstiegsplatz gestrandet, hatte sich gegen einen selbstbewußten Aufsteiger zu wehren – kein ästhetisches Vergnügen, eher ein rechter Murks. Daß die Münchner ihn gewannen, lag daran, daß sie auf Lorants Geheiß („hier gibt es keinen Schönheitspreis“) den Ertrag wichtiger nahmen als die Besucherunterhaltung, und die Abwehr sich ausnahmsweise nur einen kapitalen Fehler erlaubte (Michael Spies dankte es ihr, 52.).
Und natürlich lag es an Olaf Bodden. Wenn man dessen Geschichte erzählen will, muß man immer achtgeben, daß man nicht kitschig wird. Deswegen hier nur einige Eckdaten: Ab Sommer 1996 niedergeworfen vom Pfeifferschen Drüsenfieber, ab Frühjahr 1997 eigentlich wieder gesund, seither schwankend zwischen Erfolg (sprich: Toren) und frustrierter Beschreibung seines Befindens („beschissen“). Diesmal fühlte er sich überraschend stark genug und machte sich gleich nützlich: leistete den Paß, den Cerny zur Vorlage für Winklers 1:0 verarbeitete (23.), und schoß das 2:0 selbst (33.).
Lorant war Bodden sichtlich dankbar. Der Sieg verschaffte dem Trainer den enormen Vorteil, daß er Gelassenheit nicht mehr heucheln mußte wie zuletzt nach dem 1:5 in Mönchengladbach. Aufgeräumt und leutselig war Lorant am Samstag, wie er es in dieser Saison noch nie war. Hausgemachte Personalaffären störten seine Ruhe. Vor allem aber die Berichte darüber, weshalb er mit Münchens Presse brach. Bleiernes Schweigen herrschte zwischen den Fronten, selbst Lorants innigste Hofberichterstatter von den Boulevardzeitungen begannen zart („Lorant wackelt“), ihn zu demontieren. Lorant verstand und söhnte sich aus mit ihnen – eine Maßnahme zur Sicherung des Arbeitsplatzes.
„Meine Journalisten“ nennt er die 1860-Reporter jetzt wieder liebevoll. Der freundliche Herr Lorant. Alles wird gut bei 1860. Thomas Hahn
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen