Freunde des Terrortrios: Die Thüringer Nazi-Connection
Einige der früheren engen Freunde des Terrortrios spielen in Neonazikreisen nach wie vor eine wichtige Rolle. Auch in der NPD.
![](https://taz.de/picture/241243/14/11111402_nazis_dapd_web.jpg)
Mitte der 90er Jahre war der "Thüringer Heimatschutz" (THS) die mitgliederstärkste und militanteste Organisation in Thüringen. Dieses Netzwerk um Tino Brandt, das zu der Szene der "Freien Kameradschaften" gehörte, war aus der "Anti-Antifa Ostthüringen" hervorgegangen. Schon 1994 schrieb der Landesverfassungsschutz, dass die Gruppe ein "informelles Spektrum" bilde, das zu einem "neuartigen Bindeglied im neonazistischen Spektrum geworden" sei.
Doch erst unter der Führung von Brandt weitete sich die Gruppe in der Region Saalfeld, Rudolstadt, Gera, Jena, Sonneberg, Weimar, Ilmenau, Gotha, Kahla und Nordbayern aus; zeitweise gehörten ihr etwa 170 Personen an. 1997 wurde aus der Szene heraus am Jenaer Theater ein Sprengstoffkoffer abgelegt - verziert mit einem Hakenkreuz.
Bei den folgenden Hausdurchsuchungen stellte die Polizei Rohrbomben sicher, Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Z. tauchten ab. 2001 wurde Brandt, der Kopf der Gruppe, als V-Mann des thüringischen Verfassungsschutzes enttarnt; bald darauf verschwand der Thüringer Heimatschutz von der Bühne.
Viele wichtige Personen aus dieser Gruppe tauchten aber schon bald wieder in anderen rechtsextremen Organisationen auf - in der Kameradschaftsszene, aber auch in der NPD -, darunter auch frühere enge Freunde des mutmaßlichen Terrortrios.
André K. etwa, der dem Trio beim Abtauchen geholfen haben soll, organisierte schon mehrfach das rechtsextreme Festival "Fest der Völker". Oder Ralf W.: Dieser wirkt führend beim "Thüringertag der nationalen Jugend" mit, einer Veranstaltung deutscher und internationaler Rechtsrockbands, die, ähnlich wie das "Fest der Völker", Rechtsextreme aus verschiedenen Milieus zusammenbringt.
Fotos von einer Gerichtsverhandlung im Herbst 1996 zeigen André K. und Ralf W. zusammen mit Mundlos und Böhnhardt, den späteren Terroristen vom "Nationalsozialistischen Untergrund". Sie waren eine Clique.
Zentrale Kameradschaftsvernetzung
Was machen K. und W. heute? Interne E-Mails der NPD, die der taz seit Februar 2011 vorliegen, belegen, dass beide eng mit der NPD verbunden sind. Arbeitstreffen wurden vereinbart. Funktionen übernommen. André K. wollte am Wochenende nicht mit der taz reden, Ralf W. war nicht zu erreichen.
Ralf W. avancierte in der Vergangenheit zudem zu einer führenden Figur des "Freien Netzes". Stefan Heerdegen von der "Mobilen Beratung in Thüringen" nennt das "Freie Netz" die "zentrale Kameradschaftsvernetzung" für Thüringen, Sachsen und Sachen-Anhalt.
In der NPD hat aus der Kameradschaftsszene der 90er Patrick Wieschke die größte Karriere hingelegt. Er stieg zum stellvertretenden Landesvorsitzenden auf. Von Wieschke stammt die Idee, durch regionale Parteizeitungen eine rechte Gegenöffentlichkeit zu schaffen und sich so getreu der NPD-Strategie als "Kümmer-Partei" zu gerieren. Seine Vergangenheit störte bei der Parteikarriere nicht. 2000 wurde er nach einem Sprengstoffanschlag auf einen türkischen Imbiss in Eisenach festgenommen. Zwei Jahre später wird er wegen Anstiftung zur Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion verurteilt.
Eine klare Grenze zwischen NPD und Kameradschaften könne nicht gezogen werden, sagt Heerdegen. "Diese Szene darf man sich nicht so vorstellen, dass jede Gruppe, Parteigliederung, Kameradschaft nur für sich ist. Man kennt sich, personelle Überschneidungen sind üblich", sagt er. Diese Netzwerke funktionieren - bei Aktionen und Festivals. Und möglicherweise auch bei der Unterstützung einer rechtsterroristischen Untergrundzelle.
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