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Fremdenfeindlichkeit in MerseburgHitlergruß und Schläge

Vor einer Asyl-Demonstration am Samstag häufen sich rechte Einschüchterungsversuche. Zum dritten Mal wurden Ausländer Opfer von Gewalt.

Kleine Szene: Neonazis in Merseburg im Sommer 2013 Bild: dpa

DRESDEN taz | Im sachsen-anhaltischen Merseburg sind zum dritten Mal binnen einer Woche Ausländer angegriffen und zum Teil verletzt worden. Der jüngste Übergriff galt am Mittwochabend einem Afrikaner, der zufällig am Büro des Landtagsabgeordneten Sebastian Striegel von Bündnis 90/Grüne vorbeikam.

Nicht zufällig hielt sich dort allerdings eine Gruppe von etwa 15 Neonazis auf. Im Büro fand die Vorbesprechung für eine Demonstration gegen die ebenfalls von der rechten Szene für Sonnabend angemeldete Kundgebung „Asylflut stoppen“ statt. Nach Auseinandersetzungen nahm die Polizei neun Verdächtige fest, darunter drei Frauen.

In den Tagen zuvor waren in Bahnhofsnähe bereits ein junger Somalier und ein 41-jähriger Algerier zusammengeschlagen worden. Wegen des Ausfalls der Überwachungskameras am Bahnhof existieren keine Videoaufzeichnungen von den Übergriffen. Ein 31-jähriger Tatverdächtiger, der dem Algerier das Nasenbein brach und dessen Rucksack entwendete, konnte inzwischen festgenommen werden.

Auch die am Mittwochabend festgenommenen Personen sind der Polizei bereits wegen rechtsmotivierter Straftaten bekannt. Sie sollen vor dem Abgeordnetenbüro den Hitlergruß gezeigt und fremdenfeindliche Parolen gerufen haben. Nach Beobachtungen von Sebastian Striegel wurde sogar ein Messer gezogen. Körperlich Verletzte gab es am Mittwochabend aber nicht.

Rechte Szene deutlich selbstbewusster

Striegel schätzte gegenüber dem MDR die rechte Szene in Merseburg als nicht sehr groß, aber neuerdings deutlich selbstbewusster ein. „Es gibt eine massive Eskalation der Gewalt in den letzten Tagen“, sagte Striegel. Die Attacke vor seinem Büro bezeichnet er in einer Erklärung als „Versuch gezielter Einschüchterung“ wegen der am Sonnabend geplanten Gegendemonstration.

Striegel vermutet Überschneidungen des Täterkreises mit dem der Organisatoren und verlangt ein Verbot der Anti-Asyl-Demonstration. Ausdrücklich dankt er jedoch der Polizei für ihr schnelles Eingreifen und die Vielzahl von Zeugenbefragungen. Unterstützung erhielt er von seiner Fraktionschefin im Magdeburger Landtag, Claudia Dalbert, die die Attacken als „Angriff auf alle Demokratinnen und Demokraten“ bezeichnete.

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15 Kommentare

 / 
  • V
    Verbindung

    "Striegel schätzte gegenüber dem MDR die rechte Szene in Merseburg als nicht sehr groß, aber neuerdings deutlich selbstbewusster ein."

     

    Die Nazis nehmen sich gerade den "Rechten Block" aus der Ukraine zum Vorbild. Ob die ukrainischen Grünen nun über diese Taten in Deutschland jubeln? Ich bezweifle es.

  • ID
    In Deutschland nichts Neues

    Schön, dass man sich auf Sachsen-Anhalt und die Deutschen verlassen kann. Eine historische Kontinuität.

     

    Übrigens hat die Reichspolizei auch immer gerade nach links geschaut, wenn die SA Menschen auf der Straße zusammengeschlagen hat.

  • E
    Emil

    Ich glaube Sie verwechseln Fremdenfeindlichkeit mit Rassismus.

    • P
      puzzled
      @Emil:

      Danke. Genau das dachte ich mir auch. Es wäre schön, wenn sich in der Medienlandschaft eine präzisere Bezeichnung derartiger Vorkommnisse durchsetzen würde. Rassismus ist eben keine Fremdenfeindlichkeit; fremd sind mir bspw. Nazis aufgrund ihrer Ideologie und Handlungsableitungen, wie sie sich z.B. im beschrieben Fall beobachten lassen, vermeintliche Nationalitäten sagen mir dagegen wenig bis gar nichts über einen Menschen.

  • R
    reasoning

    In dem Zusammenhang finde ich es sinnvoller von Rassismus zu sprechen. Der Begriff "Fremdenfeindlichkeit" ist veraltet. In der sogeannten Asylproblematik ist es in Bezug auf Neonazismus in zweiter Line relevant, ob es sich um Asylsuchende handelt. Sicherlich setzen Neonazis zunächst auf die unter den weißen Deutschen größere Ressentiments gegenüber Asylsuchenden, um hierüber mehr Zustimmung zu erlangen. An sich ist es Neonazis jedoch egal, ob die Betroffenen einen deutschen Pass besitzen oder nicht. Nicht der mögliche Asylsuchende Edward Snowden ist Ziel ihrer Hetze sondern People of Color. Es kommt ihnen auf ihre rassistische Zuschreibungen bzw. ihr rassistisches Weltbild an. Insofern solltet Ihr von Rassismus geschrieben, zumal, wie zuletzt ein_ Kommentator_in schrieb, der Begriff "Fremdenfeindlichkeit" verletzend ist.

  • "Vor einer Asyl-Demonstration am Samstag häufen sich rechte Einschüchterungsversuche."

    Was, bitteschön, ist denn eine Asyl-Demonstration?

    • P
      Peggy
      @Heinrich Ebbers:

      Tja, das verstehe ich auch nicht. Fakt ist, dass viele Menschen in Europa die ungezügelte Zuwandderung stoppen möchten, dass aber die Politik nicht darauf reagiert.

      Mir reicht es auch mittlerweile, dass viele außereuropäische Zuwanderer hier das Stadtbild prägen und wegen ihrer mangelhaften Sprachkenntnisse Busse und Bahnen in ein Sprachgewirr verwicklen, dass uns Einheimische ein Gefühl der totalen Überfremdung gibt.

      Es ist keine gute zeit für unser Land, und wir Steuerzahler werden nicht gefragt, was wie wollen.

      Die schweiz ist für mich ein Beispiel von Zivilcourage, aber natürlich hört man das hier nicht gern, weil wir ja gezwungen sind, alles, was Multikulti ist, gut zu finden. Wen wundert es also, wenn die Rechten allein ihre Meinung äußern? Wir, die breite Mitte, dürfen es ja nicht.

      • @Peggy:

        Ich stimme zwar mit dem Meisten in ihrem Kommentar ueberein, aber der Kommentar passt nicht zum Thema.

        Es hört sich so an als ob sie das Nazi-Treiben relativieren, oder entschuldigen wollten.

      • PN
        PEGGY No
        @Peggy:

        @PEGGY Die 'breite Mitte* darf was nicht? Nazis zujubeln wenn sie Ausländer 'klatschen'???

        Dein Beitrag ist ein schlecht kaschierter Faschokommentar.

      • A
        amigo
        @Peggy:

        Hoffentlich kommen noch viel mehr Menschen aus aller Welt. Ich möchte nämlich hier, mit Leuten wie Ihnen, auf keinen Fall allein leben.

      • DB
        Die böse böse Welt da draußen
        @Peggy:

        liebe Peggy, Du wirst also in ein Sprachgewirr verwickelt? Mönsch, dann hast Du sicher ein Gesichtsbuch-Profil, zwitscherst, benutzt ein Hand-Telefon, freust Dich wenn der Plattenwender auflegt. Die Welt ist schon ganz schön böse, am besten im Keller verkriechen, da ist es schön ruhig und man wird nicht von Außerdeutschem gefährdet

      • P
        piggy
        @Peggy:

        Super, PEGGY.

        Einen Artikel über einen Neo-Nazi Überfall mit 'Überfremdungs'-Gesülze zu unterlegen. Das hat die Grenze zur Rechtfertigung des Naziterrors überschritten.

        Und wer bitteschön zwingt 'uns' Multikulti gut zu finden? Das Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda?

      • KK
        keine kekse für frontex
        @Peggy:

        Enden die Grenzen der Meinungsfreiheit in Deutschland beim Nasenbeinbruch?

  • S
    Stev

    Neonazis mit erhobenem Arm in Merseburg, Hooligans mit zuschlagender Faust in Petersburg gegen Dortmund-Fans, Aktivisten mit SS-Rune am Stahlhelm auf dem Kiewer Maidan. Wieso werden nur letztere in hiesiger Presse und Politik als Aktivisten und Vorkämpfer für die hohen Werte der EU-Demokratie bezeichnet, obwohl sich alle 3 nur marginal unterscheiden?