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Freiwilliges EngagementWeniger Ehrenamtliche arbeiten mehr für umsonst

Am Freitag stellte die Bundesregierung ihren aktuellen Ehrenamt-Bericht vor. Knapp ein Drittel engagiert sich freiwillig, etwas weniger als 2019.

Alle Ehren wert: Lesepat:in­nen helfen Grundschulkindern beim Lesenlernen Foto: imago

Um das freiwillige Engagement der Deutschen steht es nicht gut, könnte man meinen: Sportvereine, die über fehlende Trai­ne­r:in­nen klagen oder Medien, die sich um die Zukunft der Kommunalpolitik sorgen. Tatsächlich engagiert sich jedoch konstant über ein Drittel der Bevölkerung ehrenamtlich. Zu diesem Ergebnis kam der sechste Freiwilligensurvey im Auftrag der Bundesregierung, der am Freitag in Berlin vorgestellt wurde.

So gingen im Jahr 2024 36,7 Prozent der Bevölkerung über 14 Jahren einem Ehrenamt nach – Frauen und Männer gleichermaßen. Grundlage der Ergebnisse ist eine telefonische Befragung von 27.542 Personen aus allen Bundesländern. Der Survey stellte dennoch einen Rückgang gegenüber den letzten beiden Befragungen fest: 2014 und 2019 lag der Freiwilligenanteil bei rund 40 Prozent. In den 20 Jahren davor waren es um die 31 Prozent. Allerdings erschweren hier veränderte Erhebungsmethoden den Vergleich.

Nicht verwunderlich ist daher das zweite zentrale Ergebnis: Ein größerer Anteil als 2019 wendet mehr Zeit für das Ehrenamt auf. 43 Prozent der Befragten engagieren sich über drei Stunden pro Woche – fünf Prozentpunkte mehr als zuvor. Knapp ein Fünftel bringt sogar sechs Stunden oder mehr auf.

Der Rückgang des Engagements findet sich in allen Bereichen wieder, am deutlichsten bei „Kultur und Musik“ sowie „Schule und Kindergarten“. Eine Ausnahme bildet der Bereich „Rettungsdienst, Freiwillige Feuerwehr, Katastrophenschutz“, wo der Anteil von 2,7 auf 3,1 Prozent stieg. Die Au­to­r:in­nen des Berichts vermuten, dass Ereignisse wie die Hochwasserkatastrophe 2021 dazu beigetragen haben.

Mitgliederrekord beim Olympischen Sportbund

Mit 12,8 Prozent engagieren sich die meisten weiterhin im Bereich Sport und Bewegung. 2014 lag der Anteil noch knapp zwei Prozentpunkte höher. Gleichzeitig vermeldete der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) am Dienstag einen Mitgliederrekord: Die 86.000 Sportvereine in Deutschland zählten 2025 über 29,3 Millionen Mitglieder, nachdem schon im Vorjahr die Anzahl überdurchschnittlich gewachsen war.

Doch diese brauchen auch Training und Betreuung. Der DOSB wies darauf hin, dass sich laut des aktuellen Sportentwicklungsberichts „mehr als jeder sechste Verein in seiner Existenz bedroht sieht, weil er es nicht mehr schafft, ausreichend ehrenamtlich Engagierte zu finden und im Verein zu halten“. Der Sportbund forderte daher „echten Bürokratieabbau und mehr Wertschätzung für Ehrenamtliche“.

Im September hatte die Bundesregierung den „Zukunftspakt Ehrenamt“ beschlossen. Dieser sieht unter anderem einen geringfügig höheren Freibetrag für die Vereinstätigkeit vor. Übungs­lei­te­r:in­nen dürfen bis 3.300 Euro steuerfrei verdienen (vorher 3.000 Euro), alle anderen 960 Euro statt 840 Euro.

Geld spielt jedoch eine untergeordnete Rolle, wenn Menschen ihr Ehrenamt einschränken oder aufgeben. Laut Freiwilligensurvey fehlt 62 Prozent schlicht die Zeit. 32 Prozent nennen gesundheitliche Gründe, 31 Prozent wollen keine Verpflichtungen mehr eingehen, und jeweils 27 Prozent geben berufliche oder familiäre Gründe an.

Der Bericht identifiziert zudem Bevölkerungsgruppen, die sich seltener engagieren als andere: Personen mit niedriger Schulbildung (24,6 Prozent) und Zugewanderte (25,8 Prozent). Letztere arbeiten jedoch überdurchschnittlich oft mit Geflüchteten. Der Bericht hat nicht erhoben, ob sie sich stärker engagieren wollen als bisher.

Man wolle niedrigschwellige Wege ins Ehrenamt finden, „damit möglichst alle Menschen ihr gewünschtes Engagement auch ausüben können“, erklärte die Staatsministerin für Sport und Ehrenamt, Christiane Schenderlein, in einem Statement.

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