Freitalerin gegen Rechts: Ja zu Roland Kaiser, Nein zu Pegida
Steffi Brachtel wurde für ihr Engagement gegen rechts ausgezeichnet. Seit knapp fünf Jahren geht sie fast jede Woche gegen Pegida auf die Straße.
![Eine Frau, Steffi Brachtel, mit kurzen dunklen Haaren hält eine eingerahmte Urkunde neben sich Eine Frau, Steffi Brachtel, mit kurzen dunklen Haaren hält eine eingerahmte Urkunde neben sich](https://taz.de/picture/3588950/14/Steffie_Brachtel85339543.jpeg)
Steffi Brachtel zeigt über die Elbe, rüber zum Neustädter Ufer, wo die Tribünen der Dresdener Filmnächte stehen. Wenn man mal sehen wolle, „wie Dresden völlig abgeht“, müsse man da hin, wenn Roland Kaiser spielt. Eigentlich führt Brachtel gerade durch die Dresdener Altstadt, an Orte, die in den letzten Jahren für sie wichtig waren.
Sie zeigt den Altmarkt, wo sie fast jede Woche an Protesten gegen Pegida teilnimme, die Frauenkirche, die sie noch als Trümmerhaufen kennt, die Ecke, in der immer ein Stand aufgebaut ist, an dem Freiheit für die verurteilte Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck gefordert wird, und das Fleckchen wenige Meter weiter, wo Brachtel Schicksale von Holocaust-Opfern vorliest.
Der Höhepunkt der Tour ist aber die Erinnerung an die Schlagerkonzerte. Der nächste Termin ist bereits geplant. Mit ihrer Mutter.
Steffi Brachtel, 44, kurzes braunes Haar, T-Shirt mit „yeah yeah yeah“-Print, wurde für ihr Engagement gegen rechts ausgezeichnet, unter anderem von der Bundesregierung. Gemeinsam mit ihrer „Mädelsgruppe“ ist sie seit knapp fünf Jahren auf der Straße. Wer sage, er sei nur ein besorgter Bürger, dem widerspricht sie. Bei Pegida sei nur noch der harte Kern mit einem rechtsextremen Weltbild übrig.
Mit alten Freunden zerstritten
Man müsse sich genau überlegen, mit wem man auf die Straße gehe, findet Brachtel. Sie müsse das ja auch. „Wenn jemand sagt, dass ich zur Antifa gehöre, ja, dann bin ich Antifa. Und ich bin gerne Antifa. Weil es nichts Schlimmes ist, Antifaschistin zu sein.“ Letztes Jahr ist sie in die Linkspartei eingetreten.
Sechs Wochen im Osten: Vor der Landtagswahl in Sachsen am 1. September 2019 war die taz in Dresden. Seit dem 22. Juli waren wir mit einer eigenen Redaktion vor Ort. Auch in Brandenburg und Thüringen sind bzw. waren wir vor den Landtagswahlen mit unserem #tazost-Schwerpunkt ganz nah dran – auf taz.de, bei Instagram, Facebook und Periscope. Über ihre neuesten Erlebnisse schreiben und sprechen unsere Journalist*innen im Ostblog und im Ostcast. Begleitend zur Berichterstattung gibt es taz Gespräche in Frankfurt (Oder), Dresden, Wurzen und Grimma. Alle Infos zur taz Ost finden Sie auf taz.de/ost.
Für sie war das ein logischer Schritt, schließlich sei sie seit Jahren zusammen mit Linken auf Demos. Vor der Landtagswahl wirbt sie nun für ein Rot-Rot-Grün. Es brauche nur noch jeden zehnten Sachsen für eine Mehrheit, rechnet sie vor.
Brachtel ist den Umgang mit Medien gewohnt, trat schon bei „Markus Lanz“ auf. Auf viele Fragen erzählt sie, was sie schon oft erzählt hat. Wie sie sich politisierte, als eine „Nein zum Heim“-Initiative in Freital entstand und Pegida in Dresden aufkam. Wie sie sich mit alten Freunden zerstritt. Wie ihr Briefkasten in die Luft gesprengt wurde.
Dass ihr Rechte auflauern und sie deshalb nachts nicht mehr alleine auf die Straße in Freital geht, wo sie bis heute wohnt. Nur einmal überlegt sie lange. Was muss passieren, damit sie sich zurückzieht? „Nee. Weiß ich nicht. Mir kam nicht einmal der Gedanke aufzuhören.“
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