: Freispruch im Börsenprozeß verlangt
Frankfurter VerteidigerInnen sehen keine Unterstützung der RAF nach Paragraph 129a ■ Von Heide Platen
Frankfurt a.M. (taz) — Die drei VerteidigerInnen im Frankfurter Börsenprozeß widmeten ihre Plädoyers am späten Mittwoch nachmittag ganz dem Paragraphen 129a. Sie forderten den Freispruch der drei Angeklagten Gabriele H., Sigrid H. und Sven S., denen die Bundesanwaltschaft versuchte schwere Brandstiftung, Sachbeschädigung und die Unterstützung der RAF vorwirft. Sie hätten mit ihrem Eindringen in die Frankfurter Börse am 12. April 1989, stellte Rechtsanwalt Thomas Scherzberg fest, lediglich von jenem Widerstandsrecht Gebrauch gemacht, das in der deutschen Geschichte immer wieder zu Unrecht bestraft worden sei.
Rechtsanwältin Ursula Seifert analysierte das Bekennerschreiben, aus dem die Bundesanwaltschaft den Straftatbestand des Paragraphen 129a, die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung, herausgelesen hatte. Die AutorInnen hätten sich darin vor allem mit der Börse, der Verfassung, dem Kapitalismus auseinandergesetzt. Das Flugblatt habe weder zur Unterstützung der RAF aufgerufen noch deren Symbole gezeigt. Es reiche nicht aus, daß einzelne Wörter wie „Einheit“ und „Front“ auch von anderen benutzt werden. Selbst gleiche politische Ziele reichten zu einer Verurteilung nicht aus.
Die Angeklagten hätten sich außerdem lediglich auf den 10. Hungerstreik und die Forderung nach besseren Haftbedingungen Gefangener aus RAF und Widerstand bezogen. Dies könne „nach dem Verständnis des durchschnittlichen Lesers“ nicht als Unterstützung gewertet werden, die RAF selbst habe aus dem Text keinen „direkten Nutzen“ ziehen können, zumal das Flugblatt lediglich an die Medien verschickt worden sei. Seifert beantragte hilfsweise, dazu die JournalistInnen als Zeugen zu laden, die damals über den Fall berichtet hatten.
Seifert warf der Bundesanwaltschaft, ebenso wie ihre Kollegen Scherzberg und Kronauer vor, selbst mit „illegalen Methoden“ ermittelt zu haben. Die falschen Aussagen von Polizisten während des Verfahrens um eine im Polizeipräsidium verschwundene Lichtbild-Kartei seien, so Kronauer, von der Bundesanwaltschaft als „Propaganda-Schau der Verteidigung“ heruntergespielt worden.
Der Hungerstreik und die unmenschlichen Haftbedingungen der RAF-Gefangenen hätten in diesem Verfahren, in dem eigentlich „die Kenntnis von der Motivation, dem Wissen und Wollen“ der Angeklagten zu bewerten gewesen sei, kaum eine Rolle gespielt. Kronauer rügte in diesem Zusammenhang auch den 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts, der es nicht für notwendig erachtet habe, dem Verfahren einen anderen Verlauf zu geben.
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