Kommentar: Freies schwarzes Brett
■ Eine Großstadt braucht wilde Plakate
New York läßt grüßen bei der „Aktion Saubere Stadt“des Bausenators Schulte. Frei nach der sogenannten „Broken windows“-Theorie wird auch in Bremen aufgeräumt: Graffitis und „wilde“Plakate sollen sofort entfernt werden. Die neue Ordnung soll auch den kriminellen Ungeist von seinem frevelhaften Tun abhalten. So mögen TouristInnen ihr Stadtmusikanten-Städtchen. Daß Menschen einer lebendigen Szene wegen den Weg nach Bremen finden, kommt in der Vorstellungswelt der Saubermänner nicht vor.
So wird der öffentliche Raum weiter zur Ware gemacht. Demnächst darf noch mehr offizielle Werbung das Stadtbild „verschönern“. Die fällige Pacht steckt die Deutsche Städtereklame ein, Quasi-Monopolist für Werbeflächen. Im Gegenzug tut die DSR das, was ihr ohnehin ein Herzensanliegen ist: Sie reißt wild geklebte Plakate ab, die bisher noch das Underground-Konzert oder die Off-Theater-Produktion dem Publikum bekannt machen.
Nur noch bezahlte Groß-Ankündigungen a la „Shakespeare & Rock 'n' Roll“sollen im Stadtbild sichtbar bleiben. Kleine Veranstalter bekommen keinen Finger breit Raum, von politischen Ankündigungen ganz zu schweigen. „Broken Windows“eben. Wo niemand im öffentlichen Raum aufrufen darf, findet auch nichts Unbotmäßiges statt. Wir fordern daher: Macht die Stadt zum freien Schwarzen Brett für alle. Joachim Fahrun
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