Freies WLAN in Deutschland: Störerhaftung vor Abschaffung
Die Koalition einigt sich, Betreiber von WLAN-Hotspots von der Haftung auszunehmen. Auch die Netzversorgung könnte davon profitieren.
Die SPD-Bundestagsabgeordneten Christian Flisek, Lars Klingbeil und Marcus Held teilten am Mittwochvormittag mit, dass sich die Koalition darauf verständigt habe, das Telemediengesetz dahingehend zu ändern, dass alle Betreiber von WLAN-Hotspots von der Störerhaftung ausgenommen werden.
Das wäre eine Abkehr von der bisherigen Absicht, WLAN-Betreiber per Gesetz dazu zu zwingen, ihre Zugänge prinzipiell zu verschlüsseln, also gerade nicht offen zu halten. Als weichere Alternative war eine Vorschaltseite geplant, die Nutzer zu einer Erklärung nötigte, den Internetzugang nur rechtskonform zu benutzen.
Sollte der Entwurf des Telemediengesetzes so geändert werden, dass genau diese geforderten Sicherungsmaßnahmen ersatzlos gestrichen würden, wäre das tatsächlich der letzte Schritt zu einer vollständigen Abschaffung der Störerhaftung. Bereits in der kommenden Woche könnte der Bundestag den Weg frei machen für ein freies WLAN und damit einen wesentlichen Hinderungsgrund für die schlechte Netzversorgung in Deutschland beiseiteräumen.
Entsprechend optimistisch zeigen sich Branchenverbände, Unternehmen und Kommunalpolitiker. Bitkom, der Verband der digitalen Wirtschaft, sieht mit dem Kompromiss der Koalition die „Grundlage für einen schnellen Ausbau öffentlich verfügbarer WLAN-Netze geschaffen“. Etwas vorsichtiger reagieren netzpolitisch Aktive wie netzpolitik.org, wo kommentiert wird: „Bevor sich alle zu früh freuen, möglicherweise steckt immer noch der Teufel im Detail“.
Vorausgegangen ist der Einigung ein langer Streit, der politisch und juristisch bis hin zur europäischen Ebene ausgetragen wurde. Zuletzt hatte der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof, Maciej Szpunar, im März diesen Jahres in einem Verfahren zur Haftung für einen illegalen Musikdownload die deutsche Störerhaftung als unvereinbar mit europäischem Recht bezeichnet. Kurz darauf verlangte Bundeskanzlerin Angela Merkel eine zügige Lösung der Haftungsfrage.
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