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Frauentaz Die taz-Sonderausgabe zum 8. März taucht diesmal in Abgründe ab, in die Welt der ZwängeIn der Gleichheitsfalle

von Simone Schmollack

Da haben wir eine Bundeskanzlerin und ein Gesetz, das mehr Frauen in Topjobs katapultieren soll. Mehr Männer waschen Wäsche, und Väter bleiben zu Hause bei ihren Kindern. Klingt wie ein Emanzipationsparadies. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Von tatsächlicher Gleichstellung ist Deutschland fast so weit entfernt wie der „Islamische Staat“ vom Feminismus. Warum ist das so?

Der Gründe gibt es viele: verkrustete Strukturen in Institutionen, überholte Rollenbilder und ökonomische Interessen großer Konzerne, die mit traditionellen Geschlechterklischees Profite einspielen. Es gibt die Furcht vor Machtverlust und die Angst vor der eigenen Courage.

Und nicht selten befinden wir uns – Frauen wie Männer – in einer Gleichheitsfalle: Wir fordern etwas ein, was in unseren Augen selbstverständlich ist. Aber wir tun das nicht jederzeit vehement genug. Oder, um es mit den Worten des verstorbenen Soziologen Ulrich Beck zu sagen: Wir leben eine „verbale Aufgeschlossenheit bei weitgehender Verhaltensstarre“.

„Emanzipation ist dann ­erreicht, wenn Frauen nichts mehr davon abhält, das zu tun, was sie wirklich möchten – nur weil sie eine Frau sind“, schreiben die Autorinnen Gabriela Häfner und Bärbel Kerber in ihrem Buch „Das innere Korsett“, mit dem bezeichnenden Untertitel „Wie Frauen dazu erzogen werden, sich ausbremsen zu lassen“. „Wir kommen immer noch zu weit vom Weg ab, trauen uns zu wenig zu, weil wir denken, wir müssten uns auf eine Weise verhalten, um als weiblich zu gelten.“

Wir unterliegen also häufig inneren Zwängen. Mit denen beschäftigen wir uns in unserer diesjährigen Sonderausgabe zum Internationalen Frauentag am 8. März. Es wird um den Druck gehen, dem Frauen in Topjobs unterliegen. Eine Führungsfrau wird aus ihrem Unternehmen berichten. Zwänge gibt es auch in der Erziehung: Wir erwarten, dass immer mehr Mädchen und junge Frauen in sogenannte Männerberufe eintauchen, erziehen sie aber vielfach noch „mädchenhaft“.

Wir erforschen den Druck, den wir uns selber machen, je älter wir werden. Wenn sich die Falten summieren, werden andere Dinge wichtiger, als ins Beuteschema potenzieller SexualpartnerInnen zu passen, findet unsere Autorin Barbara Dribbusch. Laurie Penny, britische Autorin und Bloggerin, erklärt, warum Frauen das dumme Gefühl nicht loswerden, für ihren Selbstwert immer gefallen zu müssen. Für nicht wenige Frauen gehört zu einem positiven Selbstbild ein makelloser Körper mit einem Body-Mass-Index nahe an der Grenze zur Magersucht.

Wenn sich die Falten summieren, werden andere Dinge wich­tiger, als in Beute­schemata zu passen

So ähnlich dachte auch mal Katrin Lange. Aber die 26-jährige Grafikdesignerin trägt Kleidergröße 54. „Ich habe mir immer gesagt: Irgendwann bin ich dünn, und dann wird mein ganzes Leben besser“, hat sie unserer Autorin Dinah Riese erzählt. Irgendwann fragte sich die Fat-­Accep­tance-­Aktivistin: „Was wäre eigentlich, wenn ich anfangen würde, mich zu akzeptieren?“ Heute betreibt sie das Blog „Reizende Rundungen“.

Schon Kindern werden Schönheitsnormen und „geschlechteradäquate“ Verhaltensnormen anerzogen. Dagegen setzen die AutorInnen Almut Schnerring und Sascha Verlan seit Jahren ihr Blog „Ich mach mir die Welt“ sowie ihr Buch „Die Rosa-Hellblau-Falle“. In der Frauentags-taz plädieren sie für eine Kindheit ohne Klischees.

Eines der größten Schlachtfelder in Liebesbeziehungen ist die Küche. Die meisten Frauen wünschen sich Partner, die selber die volle Spülmaschine sehen und sie auch von allein anschmeißen. Die Soziologinnen Cornelia Koppetsch und Sarah Speck haben aber festgestellt, dass manche Frauen eine gerechte Aufteilung der Hausarbeit von ihren Männern nicht einfordern. Warum das so ist und was das mit den Beziehungen macht, können Sie in der Ausgabe am 8. März lesen.

Simone Schmollack, Redak­teurin für Genderpolitik im Inlandsressort der taz

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