Frauentag in Berlin: „Das ist doch nur Drachenfutter“
Die taz hat in der Öffentlichkeit stehende Frauen gefragt, was sie von dem neuen Feiertag halten. Und: was sie am 8.März machen.
Monika Grütters, Staatsministerin für Kultur und CDU-Landesvorsitzende:
„Ich bin auf Dienstreise. Der neue Feiertag in Berlin zum Weltfrauentag gehört in die Kategorie ‚Drachenfutter‘. Mit diesem wunderbaren Begriff werden Wiedergutmachungsgeschenke eines von schlechtem Gewissen geplagten Ehemanns an seine Ehefrau beschrieben. ‚Drachenfutter‘ heißen Mitbringsel vom Blumenstrauß bis zum Brillantring, die ausschließlich der Besänftigung der Gattin und der Ablenkung von Versäumnissen dienen. Den 8. März zum Feiertag zu erklären heißt, Frauen nicht gleich-, sondern gleichsam unter Artenschutz zu stellen. Dass vom kollektiven Faulenzen für Frauenrechte ein Ruck durchs Patriarchat geht, wird ja wohl nicht einmal die rot-rot-grüne Landesregierung behaupten. So sollte es den Berliner Senat nicht wundern, wenn der ein oder andere Drache zum Dank nur Gift und Galle spuckt. Mit Drachenfutter schließlich lassen Frauen sich schon lange nicht mehr abspeisen.“
Annette Siering, Vorstand der Berliner Bäder Betriebe:
„Ich besuche mit meiner neunjährigen Tochter die Harry-Potter-Ausstellung in Babelsberg. Wir schauen dort mal, wie wir uns neue Männer zaubern können. Dass der Frauentag Feiertag ist, finde ich nicht gut. Bisher haben wir am 8. März mit den Arbeitskollegen erhitzte Diskussionen über Diskriminierung und Gleichstellung geführt. Am Feiertag geht jeder seine privaten Wege.
Patricia Schlesinger, Intendantin des RBB:
Erst ausschlafen, dann aber arbeiten, fürchte ich. Ein Feiertag macht keine Gleichstellung, da ist noch viel zu tun – wir im RBB tragen unseren Teil bei, dass es besser wird.“
Barbara Slowik, Polizeipräsidentin von Berlin:
„Ich fahre zu meiner Mutter nach Süddeutschland. Sie ist schon etwas älter. Der Feiertag ermöglicht mir, mal wieder nach ihr zu schauen. Klar, die Akten und das Handy sind dabei.“
Anny Hartmann, politische Kabarettistin aus Köln:
„ Ich bin dann zurück in Köln, bis eben war ich in Berlin. Beim politischen Aschermittwoch bin ich im Friedrichstadtpalast aufgetreten. Ich war die einzige Frau – da ist man eindeutig Randgruppe und Quotenfrau. Wenn ich frage, warum nicht mehr Frauen eingeladen werden, sagen die Herren, es gebe nicht so viele Kabarettistinnen. Das ist eine beliebte Ausrede. Der Frauentag ist durch den Feiertag aufgewertet worden. Gleichzeitig habe ich geschmunzelt, als ich das gehört habe. Denn auch die Männer sind so mit einem freien Tag beschenkt worden.“
Ramona Pop, Grüne, Wirtschaftssenatorin:
„Ich habe den Frauentag zum Anlass genommen, mich bei unseren Mitarbeiterinnen in der Senatsverwaltung zu bedanken. Mit Staatssekretärin Barbro Dreher habe ich unsere 214 Mitarbeiterinnen zu einem Frühstück eingeladen, um ihre Arbeit wertzuschätzen und einfach mal Danke zu sagen. Berlin ist mit zahlreichen Frauen in Spitzenpositionen von der IHK-Präsidentin bis zur BVG-Chefin und einem Senat, dem zur Hälfte Frauen angehören, eine Blaupause für das moderne Deutschland. Dennoch bleibt weiterhin viel zu tun: Gleichberechtigung muss sowohl in Politik als auch in der Wirtschaft immer wieder neu erkämpft werden. Der Frauentag als Feiertag hilft, das Thema auf der Agenda zu halten und auch heute mehr für Frauenrechte zu erreichen.“
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