Frauen-Ruderverein nicht gemeinnützig: Frauenförderung paradox
Viele Ruderclubs nehmen nur Männer auf. Hamburgs einzigem Ruderinnen-Club soll nun die Gemeinnützigkeit entzogen werden – weil er Männer diskriminiert.
Was die Entscheidung des Finanzamts für den Ruderinnen-Club mittelfristig bedeutet, ist unklar. Vom Verein äußert sich niemand, wie man mit dem Entzug der Gemeinnützigkeit umgehen will. Dabei dürfte der Entzug eine ziemliche Überraschung gewesen sein. Dass auch die Finanzämter auf Gleichberechtigung in den Vereinen achten, ist eine neue Entwicklung.
Anlass war ein Urteil des Bundesfinanzhofs – über eine Freimaurerloge. Ein nordrhein-westfälisches Finanzamt hatte einer Freimaurerloge die Gemeinnützigkeit aberkannt, weil dort nur Männer aufgenommen werden. Die Loge klagte, der Bundesfinanzhof bestätigte die Entscheidung – und machte deutlich, dass diese für alle Vereine gelte.
Dabei sind insbesondere die meist elitären Ruderclubs vorzugsweise Männerclubs. In der Hansestadt gibt es 22 Ruderclubs mit mehr als 5.600 Mitgliedern. Neben Berlin ist Hamburg das Zentrum des deutschen Rudersports. Nur einer von ihnen ist Frauen vorbehalten. Den Ruderinnen-Club, der rund 400 Mitglieder hat, gibt es seit 1925. Er wurde als Reaktion darauf gegründet, dass die anderen Rudervereine keine Frauen aufnehmen wollten. Heute halten in Hamburg noch immer drei Vereine daran fest, dass nur Männer Mitglieder werden dürfen.
Die Gemeinnützigkeit ist für viele Sportvereine immens wichtig: Sie bringt nicht nur Steuererleichterungen mit sich. Ein gemeinnütziger Verein darf vor allem auch Bescheinigungen ausstellen, die Förder*innen in ihrer Steuererklärung geltend machen können – ein wichtiges Kriterium für die Spender*innen. Das wiederum ist für viele Vereine mitunter überlebenswichtig, da sie in hohem Maß auf Spenden angewiesen sind. Allein durch Mitgliedsbeiträge können Vereine nur selten überleben.
Die Finanzämter haben bei der Überprüfung der Gemeinnützigkeit darauf zu achten, dass die Arbeit der Vereine der Allgemeinheit zugutekommt. Eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Männern und Frauen steht der Gemeinnützigkeit im Weg. Wann aber hiervon bei einem Sportverein auszugehen ist, muss wiederum im Einzelfall geprüft werden.
Bundesweit gibt es vier Frauenruderclubs
Bundesweit gibt es nur vier Ruderclubs, die als selbstständige Frauenruderclubs gelten. Die Lübecker Frauen-Ruder-Gesellschaft ist vom Entzug der Gemeinnützigkeit allerdings nicht bedroht. „Laut Satzung sind wir als Verein offen für alle“, sagt deren Vorsitzende Angelika Haußer. Tatsächlich habe der Verein auch männliche Mitglieder. „Sie müssen nur mutig genug sein, aber da bemerken wir kein Problem“, sagt Haußer.
Auch die Hamburger Ruderclubs, die Männern vorbehalten sind, verweisen auf die Satzung. Solange darin nicht explizit Frauen ausgeschlossen sind, sei die Gemeinnützigkeit nicht in Gefahr, heißt es beim Ruder-Club „Favorite Hammonia“.
Öffnung für Frauen nach 179 Jahren
Deutschlands ältester Verein, der „Hamburger und Germania Ruder Club“, hatte vor drei Jahren beschlossen, sich auch für weibliche Mitglieder zu öffnen – nach 179 Jahren. Dass sich die Herren dazu entschieden haben, hat finanzielle Gründe: Der Club brauchte für den Bau des neuen Vereinsheims an der Außenalster eine Bürgschaft und einen Zuschuss vom Senat. Der wollte dem Wunsch aber nur nachkommen, wenn der Verein sich auch Frauen öffnet. Selbst CDU-Abgeordnete forderten damals, dass die Herren-Clubs Frauen aufnehmen sollen.
Mittelfristig dürften aber auch die rein männlichen Vereine aufgrund ihres Ausschlusses von Frauen Probleme bekommen. Üblicherweise werden alle drei Jahre die Vereine von den Finanzämtern auf ihre Gemeinnützigkeit geprüft.
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