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Frauen* Film Fest Dortmund+Köln im KinoSuper 8 aus der Biohexenküche

Das Srebrenica-Drama „Quo vadis, Aida?“ gewinnt beim „Frauen* Film Fest Dortmund+Köln“. Mediale Rollenbilder bleiben aktuelles Thema.

Biologin Donna Haraway in „Donna Haraway: Story Telling for Earthly Survival“ von Fabrizio Terranova Foto: Icarus Films

Im Herbst 2020 war das Internationale Frauenfilmfestival Dort­mund|Köln eine der letzten Veranstaltungen in NRW, die real stattfinden konnten. Jetzt hatte das Team um Festivalleiterin Maxa Zoller die Freude, auch bei den Wiedereröffnungen vorne zu stehen. Die für Ende Juni angesetzte Edition des Festivals war (mit leicht geändertem Namen: „Frauen* Film Fest Dortmund+Köln“) eigentlich als reines Onlineangebot geplant, konnte dann aber zusätzlich sechs Vorstellungen im Dortmunder Schauburg-Kino anbieten.

Verluste gab es dennoch, schon weil das IFFF seit Langem bewusst die Vielfalt filmischer und programmatischer Formen und Formate feiert und neben Filmen auch Vorträge, Talks und Installationen zum Publikum brachte. So musste der geplante Super-8-Workshop „Ich weiß, was gut entwickelt“ mit Dagie Brundert ausfallen. Der Titel ist wörtlich zu nehmen, denn die anerkannte Super-8-Legende und selbsternannte „Biosuppenhexe“ experimentiert im Sinn ökologischer Integrität auch bei der Filmherstellung mit Alternativen zu herkömmlicher Chemie.

Dabei reicht ihr der tägliche Abfall an Obst- und Gemüseschalen plus ein paar Extras für einen Liter Gebräu zur Entwicklung eines (extrakurzen) Dagie-Brundert-Films wie dem Zwei-Minüter „Feeding the Birdies“, der in verwischtem Grau eine Meisenfütterung ohne sichtbare Meise zeigt, aber – in Superfood-Zeiten höchst korrekt – in Rapstee, Kurkuma, Vitamin C und Waschsoda entwickelt wurde.

Respekt gegenüber den Mit-Spezies

Brunderts Kurzfilm war Teil des Programms „The Connection – Von Pflanzen, Menschen und anderen Tieren“, das dem in Wissenschaft und Künsten unübersehbaren Aufbruch zu größerem Respekt gegenüber den Mit-Spezies filmisch nachspürt: „Einen alternativen Standpunkt einzunehmen könnte bedeuten, den hegemonialen Kamerablick zu beunruhigen und neu zu justieren; zu versuchen, sich zumindest für ein Gedankenexperiment in die Perspektive der ‚natürlichen Mitwelt‘ zu versetzen“, schreibt Kuratorin Betty Schiel im Katalog.

Gewährsfrau Donna Haraway plädiert in einer erfreulich unakademisch ausfallenden filmischen Begegnung mit ihr und Hündin Cayenne („Story Telling for Earthly Survival“, Regie: Fabrizio Terranova) für eine praktische wie theoretische Wende: „Gutes Denken passiert immer in Momenten der Sprachlosigkeit“.

Auch Kurzfilmprogramme zum Thema wurden durch fehlende Onlineverfügbarkeit einzelner Arbeiten aus ihrem ursprünglichen Konzept gebracht, überzeugten aber ebenso in reduzierter Form. Etwa wenn Krista Davis in „Exercises in Being Close to You“ bei einer Expedition zu den Karibu-Herden in Alaska den konventionellen Tierfilm dekonstruiert.

Enthusiastisch gegen Coronawidrigkeiten

Selbst wer nicht nach Dortmund reisen konnte, spürt schon beim Studieren des Katalogs den Enthusiasmus, mit dem die Festivalmacherinnen sich den Coronawidrigkeiten entgegenwerfen. Auch neben dem Kontext-Programm gab es einleuchtende Ideen: Sich im queeren begehrt!-Programm dem Thema Generationen jenseits des familiären Settings zu widmen beispielsweise. Oder die Wunderkiste „IFFF packt aus“, wo ein externes Ku­ra­to­r*in­nen­team aus ehemaligen Festival-Ausgaben Filme unter aktuellem Fokus neu auswählt.

Selbstverständlich ist auch ein „Frauen Film Fest“ 2021 immer noch Anlass, sich altmodisch mit medialen Rollenbildern auseinanderzusetzen. Tatia Skhirtladzes „Glory to the Queen“ etwa tut das als dokumentarisches Gegenstück zur Netflix-Serie „Damengambit“, wo als Darstellerinnen statt des niedlichen Ex-Models vier gestandene georgische Weltmeisterinnen agieren, die von 1960 an drei Jahrzehnte die Schachwelt matt setzten.

Neben den erwähnten Reihen und Programmen fand auch der thematisch und geografisch breit aufgestellte Spielfilmwettbewerb statt. Gewonnen hat diesen das Srebrenica-Drama „Quo vadis, Aida“ von Jasmila Žbanić, das auch bei den diesjährigen Oscars als bester fremdsprachiger Spielfilm nominiert war.

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