piwik no script img

Französische Außenministerin verliert JobMadame Alliot-Marie dankt ab

Frankreichs umstrittene Außenministerin Michèle Alliot-Marie wird wegen der Tunesien-Affäre ausgetauscht. Staatschef Sarkozy versucht damit sein Ansehen zu retten.

Präsident Nicolas Sarkozy mit seinem "Bauernopfer" Michèle Alliot-Marie. Bild: reuters

PARIS taz | Freiwillig wollte sie nicht abtreten. Das hatte Frankreichs Außenministerin Michèle Alliot-Marie noch am Samstag auf der Reise nach Kuwait gesagt. Doch ihr Schicksal war besiegelt. Sonntagabend erklärte Alliot-Marie ihren Rücktritt – freilich verbunden mit der Ansage, sie habe sich selbst nichts vorzuwerfen.

Die Ministerin war wegen ihrer unbeholfenen Rechtfertigungsversuche als Chefin der Diplomatie unhaltbar geworden. Weniger mit ihren Gratisflügen auf Kosten eines mit dem Ben-Ali-Clan liierten Geschäftsmanns als mit ihren Ausflüchten hatte "MAM" schockiert. In Tunesien hatte man es ihr übel genommen, das sie drei Tage vor der Flucht des Diktators der dortigen Polizei Know-how zur Aufrechterhaltung der Ordnung angeboten hatte.

Dass auch noch herauskam, dass sie in ihrem Urlaub am Jahresende mit Ben Ali telefoniert und laut tunesischen Medien dessen für die Repression verantwortlichen Sicherheitschef getroffen habe, machte sie erst recht zu einer Belastung für die französische Staatsführung. In einem Boot mit ihr sitzt ihr Lebens- und Reisegefährte Patrick Ollier. Er ist als Minister für die Beziehungen zum Parlament auch Regierungsmitglied, als Abgeordneter war er vorher vor allem als wichtigster Lobbyist von Gaddafis Libyen in Erscheinung getreten.

Ollier und MAM wurden so Symbolfiguren einer Außenpolitik auf Abwegen, die aus vermeintlich höheren Staatsinteressen das "Ancien Régime" der Diktatoren verteidigte. Ihr Fall ist die Konsequenz eines durch die Revolution in den arabischen Ländern in Paris ausgelösten politischen Nachbebens. Betroffen ist auch Staatspräsident Sarkozy, dem eine Gruppe französischer Diplomaten "amateurhafte Improvisation" in der Außenpolitik vorgeworfen hat. Im Fernsehen wehrte sich Sarkozy.

Er hofft, mit seinem "Bauernopfer" sein Ansehen als Staatsmann und den französischen Einfluss in der arabischen Welt zu retten. Einziger Trost für Alliot-Marie: Sie muss wohl nicht allein gehen. Bei einer Regierungsumbildung wird sie durch Verteidigungsminister Alain Juppé ersetzt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • V
    vic

    Es liegt auf der Hand, dass wer so handelt, zurücktreten muss.

    In Frankreich funktioniert das offenbar. Allerdings bleibt auch dort die letzte Konsequenz aus.

    Die Verantwortung trägt, hier wie dort, letztlich der Chef / die Chefin.

    Nach unten treten - nach oben buckeln.

    Für manche Menschen ist es noch ein weiter Weg bis zum aufrechten Gang.

  • H
    Heiber

    Na wenigstens hat diese Frau noch das RÜckrad was unseren Lügenbaron ja wohl fehlt.Mehr gibt es dazu nicht zu sagen!