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Frankreichs Wahlsieger Neue VolksfrontMehr Windkraft, mehr Wärmedämmung

Teure Wahlgeschenke und ehrgeizige Klimaziele: Was will Frankreichs Neue Volksfront nach ihrem Sieg bei den Parlamentswahlen erreichen?

Die Neue Volksfront hat im Wahlkampf zahlreiche Wahlgeschenke versprochen: An­hän­ge­r:in­nen bei einer Kundgebung in Paris Foto: Fabrizio Bensch/reuters

Paris afp | Vier Tage, vier Nächte und ein Stapel Pizzakartons – dann war das Wahlprogramm des links-grünen Bündnisses Neue Volksfront fertig. Dass sich Linkspopulisten, Sozialisten, Kommunisten und Grüne vor der Neuwahl so schnell auf ein Programm und gemeinsame Kandidaten einigen konnten, hatte viele überrascht, nicht zuletzt Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron. Dass das Bündnis nun auch noch die Parlamentswahl gewonnen hat, hatte kaum jemand vorausgesehen.

Der – auch intern umstrittene – Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon kündigte bereits an, „nur unser Programm, und zwar das gesamte Programm“ umsetzen zu wollen. Das dürfte kaum möglich sein, denn das Bündnis ist mit etwa 180 Sitzen weit von einer absoluten Mehrheit entfernt, die bei 289 von 577 Sitzen liegt. Zudem enthält es einigen politischen Sprengstoff. Ein Überblick:

Die Neue Volksfront hat im Wahlkampf zahlreiche Wahlgeschenke versprochen: eine Erhöhung des Mindestlohns von 1.400 auf 1.600 Euro pro Monat, die automatische Anpassung der Löhne an die Inflation, das Einfrieren der Preise für Energie, Treibstoff und Grundnahrungsmittel.

Finanziert werden soll dies unter anderem durch eine wieder eingeführte Reichensteuer, die durch eine Klimaabgabe ergänzt werden soll. Die Erbschaftssteuer soll für Reiche erhöht werden. Außerdem soll es eine neue Steuer auf „Supergewinne“ geben. „Wir greifen denjenigen in die Taschen, die es sich leisten können“, hatte Sozialistenchef Olivier Faure gesagt.

Rentenreform

Die von Macron durchgesetzte Rentenreform, die das Rentenalter von 62 auf 64 Jahre hinaufgesetzt hat, soll rückgängig gemacht werden. Das „gemeinsame Ziel“ von einer Rente mit 60 ist im Wahlprogramm festgeschrieben. Die Rentenreform ist ein Herzstück von Macrons Amtszeit; insbesondere auch in diesem Punkt dürften die Positionen für eine Zusammenarbeit mit dem bisherigen Regierungslager unvereinbar sein.

International

Das Vorgängerbündnis Nupes war auseinandergebrochen, weil die linkspopulistische Partei La France Insoumise die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas nicht als „terroristisch“ einstufen wollte. Im Wahlprogramm haben die Beteiligten sich geeinigt, zumindest den Hamas-Angriff vom 7. Oktober „terroristisch“ zu nennen. Die Neue Volksfront will umgehend den Staat Palästina anerkennen.

Mit Blick auf die Ukraine soll die „Lieferung nötiger Waffen“ fortgesetzt werden. Die Neue Volksfront fordert außerdem den Einsatz von UN-Blauhelmsoldaten, um die Atomkraftwerke in der Ukraine zu schützen. Der EU-Stabilitätspakt und internationale Freihandelsabkommen sollen aufgekündigt werden.

Umwelt und Klima/ Einwanderung

Die Neue Volksfront geht in der Klimapolitik deutlich weiter als die anderen Lager. Ein neuer Klimaplan soll die Klimaneutralität bis 2050 erreichen. Dafür sollen etwa erneuerbare Energien massiv ausgebaut werden, unter anderem Windparks vor der Küste. Allerdings ist das Thema Atomkraft im Wahlprogramm nicht erwähnt, da es intern umstritten bleibt.

Der Bau großer Wasserreservoirs für die Landwirtschaft und der Autobahnausbau sollen vorerst eingefroren werden. Die Neue Volksfront will die Wärmedämmung von Wohnhäusern subventionieren. Bestimmte Insektengifte und sehr schwer abbaubare Chemikalien (PFAS) sollen verboten werden.

Die Neue Volksfront will Klimaflüchtlinge anerkennen. Das unter Macron verabschiedete Einwanderungsgesetz soll abgeschafft werden. Einwanderer mit Jobs und Eltern von Schulkindern sollen Aufenthaltsgenehmigungen erhalten.

Institutionen/ Soziales

Die Parlamentswahl soll nicht mehr nach dem Mehrheitswahlrecht stattfinden, das kleinere Parteien benachteiligt, sondern nach dem Verhältniswahlrecht. Es soll die Möglichkeit einer Volksabstimmung auf Initiative der Bürger geben.

Der Artikel 49.3, der die Verabschiedung von Gesetzen ohne Abstimmung in der Nationalversammlung ermöglicht, soll abgeschafft werden. Die Neue Volksfront will Mensa-Essen für Studierende für einen Euro anbieten. Schulkantinen, außerschulische Aktivitäten, Bücher und Hefte sollen kostenlos werden.

Der testweise eingeführte nationale Pflichtdienst soll wieder abgeschafft werden. Unternehmen und Behörden sollen betroffenen Frauen arbeitsfreie Menstruationstage gewähren.

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6 Kommentare

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  • Energiewende spart letztlich Geld. Sogar schon vor der Wahl begann sogar Macron daher damit.



    Marode AKWs sind teuer, so wie fossile Importe.



    En même temps hat Frankreich Gezeiten Wind, Wassergefälle, Sonne und freie Flächen: beste Voraussetzungen.

  • Und jetzt?



    Keiner hat die Wahl gewonnen.

    Die Programme von Volksfront und Macrons Partei sind nicht kompatibel, die Personen auch nicht. Selbst innerhalb der Volksfront sind erhebliche Bruchlinien.

    Dazu kommt, die Kassen sind leer, es reicht nicht für die bestehende Politik, wie sollte da Geld für die Wahlgeschenke sein?

    Jede französische Wahl wurde zu einer Schicksalswahl erklärt.



    Und danach ging es einfach weiter mit der neoliberalen Politik, die die Ursache der Unzufriedenheit ist.

    Die Wähler sind nicht für rechts, sie sind gegen diese Politik, haben aber keine Optionen.

  • Wahlgeschenke sind etwas, was Regierungsparteien vor Wahlen beschließen, um wiedergewählt zu werden.

    Da die Linke in Frankreich bisher nicht an der Macht war handelt es sich um ein Wahlprogramm, das offenbar einigen Anklang gefunden hat. Dass dieses neoliberalen Gegnern, Institutionen und Kommentatoren missfällt, spricht nicht per se dagegen. Führende Wirtschaftswissenschaftler wie Thomas Piketty, Thomas Porcher, Michael Zemmour, Julia Cagé etc. halten das Programm der Linken für gut und machbar.

  • Konnte keine Wahlgeschenke entdecken in dem Artikel, nur volkswirtschaftlich sinnvolle und gerechte Politik, die durch Belastung derjenige die sowieso zu viel haben finanziert werden sollen.



    Habe eben angefangen einen französisch Kurs zu belegen.

  • Die Rentenreform würde ich dem Juniorpartner Macronistens wohl noch zugestehen, ein paar kleinere Dinge sonst noch - sonst ist aber echt die Zeit gekommen, Soziales für die Vielen durchzubringen.



    Gratulation, Frankreich!

  • Ersteinmal sollten die Leute aufeinander zugehen und eine Kultur der Anerkennung und der Wertschätzung entwickeln, um ein Bündnis zu stabilisieren, das sehr kurzfristig gebildet wurde.



    In Frankreich haben alle diese Gruppierungen und Parteien seit langem eine Kultur des Gegeneinanders und des Anschreiens.