Frankreichs Präsident Hollande: In der Krise
Frankreichs Staatspräsident Hollande wollte eigentlich seine Wirtschaftsagenda 2014 vorstellen. Musste dann aber auch über seine Beziehung sprechen.
![](https://taz.de/picture/127554/14/hollande_pk_14.1..jpg)
PARIS taz | Der französische Staatspräsident hatte seine Antwort auf unvermeidliche peinliche Fragen zu seinem Privatleben und namentlich seine Beziehung zur Schauspielerin Julie Gayet gut vorbereitet. „Was privat ist, wird im Privaten geregelt“, antwortete Francois Hollande bei einer Pressekonferenz am Dienstagabend gleich dem ersten Journalisten, der eine Auskunft zu den Beziehungs-Enthüllungen im Klatschmagazin Closer gewünscht hatte.
Die hatte berichtet, dass Hollande seit einiger Zeit neben seiner offiziellen Beziehung zu Valérie Trierweiler auch häufiger Übernachtungsgast im Apartement der Schauspielerin war.
Hollande räumte dann auch ein, dass die Beziehung zu der Journalistin Trierweiler in der Krise sei und sie „eine schmerzliche Zeit“ durchmachten. Doch da sich auch über ein persönliches Interesse hinaus die Frage stellt, wer den französischen Staatschef bei anstehenden Auslandsbesuchen als „First Lady“ begleitet, versprach Hollande immerhin, er werde das vor dem Washington-Besuch bei Ehepaar Obama am 11. Februar klären.
Der Status der „Première Dame“ sei in Frankreich überdies keine Institution, sondern lediglich durch den Usus unter seinen Vorgängern definiert, so Hollande. Muss man daraus schließen, dass der Präsident in Zukunft als Single im Elysée wohnt und herrscht?
Frankreich weiß nämlich immer noch nicht, ob der (unverheiratete) Präsident noch mit Trierweiler zusammen ist, oder ob sich die beiden nach der Veröffentlichung der Beziehung mit der Schauspielerin Gayet bereits getrennt haben.
Trierweiler selber schweigt auch, sie hält sich seit dem Bekanntwerden der Affäre Hollandes „zur Erholung“ in einem Krankenhaus auf. Das erlaubt ihr zumindest, den unbequemen Fragen der Journalisten und den noch drängenderen Paparazzi-Fotografen aus dem Weg zu gehen.
Keine Klage
Auf Hollandes Pressekonferenz dagegen ließen die Journalisten nicht locker. So kündigte der Präsident an, er werde gegen Closer keine Klage einreichen, obwohl seine Empörung über deren Berichterstattung groß sei.
Als Präsident genieße er jedoch eine weitgehende Immunität, er verbiete es sich aus diesem Grund prinzipiell, im Gegenzug andere mit Strafverfahren zu attackieren. Den Schutz der Intimsphäre des Präsidenten wolle er schon gar nicht gesetzlich neu regeln, da er strikt gegen Gesetze sei, die unter dem Druck der Ereignisse und aus persönlichen Interessen erlassen würden.
Auf eine weitere Frage, die ebenfalls am Rande seine Treffen mit Gayet betraf, sagte Hollande schließlich, seine Sicherheit sei nie gefährdet gewesen oder gar vernachlässigt worden, auch wenn er privat mit weniger Leibwächtern unterwegs sei. Wer sich eine klare Antwort zur Affäre Gayet erhofft hatte, wurde auf ein anderes Mal vertröstet – oder muss sich weiter in der Klatschpresse informieren.
Mehr Wachstum, mehr Zuversicht
Trotzdem wurde der Auftritt vor rund 600 Journalisten durch diesen privaten Skandal überschattet. Eigentlich diente die seit langem geplante Medienkonferenz einem anderen Zweck. Hollande wollte seine neue Wirtschaftspolitik ausführlich erklären. Am Silvesterabend hatte er nämlich eine Kurskorrektur angekündigt, die in Frankreich bereits als „sozialliberale Wende“ verkauft wird: Weniger Staatsausgaben, weniger Steuern und Abgaben für die Unternehmen, weniger Arbeitslose, dafür mehr Wirtschaftswachstum und mehr Zuversicht, so lauteten die guten Vorsätze für 2014.
Der privaten Wirtschaft hat Hollande eine Art Win-Win-Pakt der Verantwortung angeboten, mit dem als Gegenleistung für die Beschäftigung die Abgabenlast der Arbeitgeber (namentlich bei den Beiträge an die Sozialversicherungen) sinken soll.
Hollande versprach einmal mehr, alles zu tun, um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken. In den ersten 18 Monaten seien bereits mehr Strukturreformen beschlossen worden als zuvor während mehrerer Jahren. Für die Jahre 2015 bis 2017 stellt der Präsident eine Verminderung der öffentlichen Ausgaben um 50 Milliarden Euro in Aussicht.
Zudem wünscht er sich eine verstärkte Partnerschaft mit Deutschland, nicht mit einer gemeinsamen Wirtschaftspolitik und einer Steuerharmonisierung, sondern auch im Bereich der Verteidigung. Das alles führte Hollande aus, doch der Eindruck bleibt, dass alle etwas ganz anderes hören wollten – doch darüber möchte Hollande lieber nicht reden.
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