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Frankreichs Fußball-FunktionäreRasismus-Skandal heimlich beerdigt

Funktionäre fragten: Sind da nicht zu viele athletische Schwarze bei "Les Bleus"? Schockierend, dass solches im Land der WM-Sieger von 1998 möglich war.

Haben die WM-Mannschaft von 1998 vergessen? Zinedine Zidane, damals wichtiger Architekt für den Titel, wurde als Sohn algerischer Einwanderer in Marseille geboren. Bild: ap

PARIS taz | Der französische Fußball macht seine schlimmste Krise seit dem Fiasko der Trikolore-Mannschaft bei der WM in Südafrika durch. Schuld daran sind dieses Mal nicht die Leistungen der Spieler, sondern geschwätzige Verbandsfunktionäre. Sie haben der französischen Fußballnation vorgeführt, wie man abseits vom Spielfeld, am grünen Tisch im Sitzungszimmer, ein elfmeterreifes, grobes "Foul" begehen kann.

An einer internen Besprechung des französischen Fußballverbands FFF im letzten November brachte nämlich der frisch ernannte technische Direktor, François Braquart, ein für ihn brennendes Thema ein: die angeblich wachsende Zahl von Doppelstaatsbürgern in den nationalen Nachwuchsmannschaften. Was, wenn die auf Verbandskosten ausgebildeten Talente nicht für Frankreich, sondern beispielsweise im Team von Algerien oder Kamerun kicken? Er illustrierte seine Ausführungen mit einer Grafik.

Darauf war – je nach Alterskategorie – in Gelb der um die 30-Prozent-Marke schwankende Anteil dieser potenziellen "Fahnenflüchtigen" dargestellt. Zudem wurden jedoch nicht nur Staatszugehörigkeiten, sondern auch Körperbau und Hautfarbe ins Spiel gebracht: Hat es nicht zu viele athletische Schwarze bei "Les Bleus"? So kam der FFF zu seinem "Rassenskandal", der sich in eine Staatsaffäre verwandelte.

Nach einer heftigen Auseinandersetzung wurde nun beschlossen, die peinliche Geschichte klammheimlich zu begraben: Laut Sportministerin Chantal Jouanno und FFF-Präsident Fernand Duchaussoy, die beide ihre Hände in Unschuld waschen, soll es weder Sanktionen noch gerichtliche Folgen geben.

Im Nachhinein bleibt es schockierend, dass ausgerechnet im Land, das seine WM-Sieger von 1998 mit dem Slogan "Blacks, Blancs, Beurs" als Modell der Integration von Jungen mit familiären Wurzeln in Schwarzafrika (Blacks) und arabischen Ländern (Beurs) gefeiert hat, jetzt die Hautfarbe einer Mehrzahl der Spitzenfußballer überhaupt ein Thema und erst recht ein Streitpunkt werden konnte. Offenbar wollten einige nicht wahrhaben, dass heute ein beträchtlicher Teil der französischen Jugendlichen eine dunklere Haut habt. Das ist vielleicht im Zentrum von Paris oder Lyon nicht auffallend, aber anderswo schon.

Seit hundert Jahren Einwanderungsland

In den Schulklassen sind farbige Kinder in der Mehrheit. Zahlen oder Statistiken gibt es dazu nicht, denn in Frankreich sind Erhebungen und Registrierungen nach Herkunft oder Religion verboten. Hat man vergessen, dass Frankreich seit hundert Jahren ein Einwanderungsland ist, eine Nation, die noch vor wenigen Jahrzehnten Kolonien besaß und heute noch Gebiete rund um den Erdball zu seinem Territorium zählt?

An Heuchelei grenzt es, wenn jetzt so getan wird, als würde diese Realität der ethnischen Farbpalette gerade erst wahrgenommen. Wird die Diskussion über diese sichtbare Vielfalt im Fußball somit für die Gesellschaft zum Spiegel? Oder wird umgekehrt der Sport zum Austragungsort gesellschaftlicher und politischer Konflikte? Das Erstarken der fremdenfeindlichen Rechtspopulisten in Frankreich senkt Hemmschwellen nicht nur in der Politik, sondern offenbar auch im Sport.

"Der Fußball ist nicht rassistischer als die französische Gesellschaft", beteuert Eric Thomas, der Vorsitzende der Amateurfußballklubs. Er sogt sich um das Vorbild, das den Jungen gegeben wird. Für die absurde Idee einer Quote für Dunkelhäutige verdienen Blaquart und seine Gesinnungsgenossen im FFF darum erst recht die Rote Karte. Im Sport gilt: Der Bessere gewinnt – ungeachtet seiner Herkunft. Alles andere ist zutiefst unsportlich und unfair.

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4 Kommentare

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  • SB
    Siegfried Bosch

    @weißerFranzose: Argumentieren Sie eigentlich auch bei anderen (angeblich) benachteiligten Gruppen so? Bei der Diskussion um die Frauenquote ist es ein beliebtes Argument, dass junge Frauen Vorbilder in Führungspositionen brauchen, damit sie sehen, dass das auch etwas für sie ist und sich entsprechend anstrengen; dass dadurch besser qualifizierte Männer, die sich mehr für ihre Karriere einsetzen, übergangen werden, spielt dagegen keine Rolle. Sie hingegen wollen, wenn einmal weiße Männer die zu bevorzugende Gruppe wären, solche Argumente nicht gelten lassen; statt dessen soll weiterhin eine Bestenauslese stattfinden.

  • S
    Stefan

    Rassismus-Skandal

  • W
    weißerFranzose

    Ein interessanter Artikel, aber es gibt einige Fehler bzw. Missverständnisse.

    Zunächst einmal muss hier klargestellt werden, dass nicht die "Mehrheit in den Schulklassen" in ganz Frankreich farbig ist. Es gibt sehr viele dunkelhäutige Menschen in Frankreich, aber auf das ganze Land gesehen ist es eine Minderheit.

    Der eigentliche Irrtum, der diesem Artikel zu Grunde liegt, ist, dass die hohe Zahl der schwarzen und maghrebinischen Fußballspieler daran läge, dass dies ein Abbild der Bevölkerungsstruktur sei. Das ist so nicht richtig, das Verhältnis ist verzerrt, weil die weißen Franzosen längst nicht so häufig Fußball spielen, wie z.B. die Deutschen, sondern häufiger andere Sportarten, wie Rugby oder Handball.

    Deshalb ist es ja grade so eine skandalöse und groteske Forderung, eine Quote für schwarze Spieler zu verlangen. Sehr viele sehr gute Spieler sind schwarz, weil eben sehr viele Schwarze Fußball spielen. Und in der Nationalmannschaft spielen die besten Spieler, egal welcher Hautfarbe.

    Der Umstand, dass es bei den weißen Franzosen einen zunehmenden Mangel an Identifikation mit der Nationalmannschaft gibt, könnte hingegen darauf hinweisen, dass es trotz der offiziellen Ideale doch ein Rassismusproblem in den Köpfen gibt. Aber man muss vorsichtig sein, die meisten Fans sind einfach enttäuscht von einer Mannschaft, die sich auf dem Spielfeld und auch daneben blamiert hat.

  • K
    korinthenkacker

    irgendwas lässt mich beim titel stutzen