Frankreich vermittelt im Libyen-Konflikt: Vielleicht gibt es bald Wahlen
Frankreichs Präsident hat zwei Kriegsparteien in Libyen zusammengebracht. Das könnte ein Schritt in die richtige Richtung sein.
Allein schon die Tatsache, dass sich die beiden Libyer nun im Unterschied zur letzten Begegnung in Abu Dhabi auf eine gemeinsame Erklärung einigen konnten, zeugt von realemFortschritt bei der nationalen Aussöhnung der um die Vorherrschaft und die internationale Anerkennung rivalisierenden libyschen Fraktionen. Diese frommen Wünsche anschließend zu verwirklichen, ist zweifellos viel schwieriger, als sich in Frankreich für die Medien die Hand zu reichen.
Dem vom französischen Staatspräsidenten Macron organisierten Libyen-Treffen ging ein Patzer voraus, der in die Annalen eingehen dürfte. Während sich noch alle fragten, ob die beiden um die Staatsführung rivalisierenden Fraktionen sich dieses Mal in den wichtigen Streitfragen näher kommen würden, publizierte die französische Präsidentschaft aus Versehen bereits den Entwurf eines gemeinsamen Communiqués in zehn Punkten. Die Gastgeber mussten sich für diese peinliche Voreiligkeit bei den nach La Celle-Saint-Cloud geladenen Delegationen aus Libyen entschuldigen und die Medien ersuchen, für diesen Entwurf bis zur Pressekonferenz gefälligst eine Sperrfrist einzuhalten.
Aber handelte es sich wirklich um eine Freud'sche Fehlleistung oder um eine Absicht, Druck auf die feindlichen Brüder auszuüben? Für den Organisator dieser Begegnung, Präsident Macron, stand viel auf dem Spiel, es war seine erste diplomatische Initiative. Ein Misserfolg wie bei früheren Vermittlungsbemühungen zwischen den libyschen Fraktionen kam für ihn nicht infrage. Er war dafür sogar das Risiko eingegangen, die italienischen Partner zu verstimmen. In Rom wurde es nämlich nicht sehr geschätzt, dass Macron diese Libyen-Vermittlung im Alleingang angepackt und Italien nicht als Mitorganisator eingeladen hatte.
Stabilisierung Libyens wäre so wichtig
Der relative Erfolg kann Macron Recht geben: Die libyschen Parteien haben sich auf einen Waffenstillstand und eine Vereinigung der Streitkräfte im Kampf gegen Terroristen und kriminelle Milizen geeinigt. Die Schlusserklärung unterstreicht die Bedeutung einer politischen Lösung. Im Frühling sollen, wenn möglich,Präsidentschafts- und Parlamentswahlen unter Aufsicht von Uno-Beobachtern stattfinden.
Als Grundlage des nun eingeleiteten Dialogs zur nationalen Versöhnung gilt die politische Einigung von Skhirat in Marokko vom Dezember 2015. Die Absichtserklärung von La Celle-Saint-Cloud nennt als Ziel die Schaffung eines „souveränen, zivilen und demokratischen Rechtsstaats“, der die Gewaltentrennung und die Menschenrechte respektiert. Dass sich auch Haftar sich in klarer Weise zu zivilen Institutionen und zur Demokratie bekennt, ist das hervorzuheben, denn er wird von Kritikern bezichtigt, in Zusammenarbeit mit Salafisten ein autoritäres militärisches Regime mit religiösem Einschlag errichten zu wollen.
Eine Stabilisierung in Libyen ist für Europa wegen der Flüchtlingskrise von größter Bedeutung. Allein seit Jahresbeginn sind mehr als 90.000 Flüchtlinge in Italien eingetroffen. Die meisten von ihnen kamen aus Libyen. Falls es nun ausgerechnet Frankreich gelingen sollte, mit seiner Initiative den Friedensprozess im zerrissenen Libyen einzuleiten, würde das nicht einer gewissen Ironie entbehren; denn es war ein französischer Staatschef, Nicolas Sarkozy, der vor sechs Jahren den Krieg initiiert hatte, der zwar Ghadhafi zu Fall gebracht, das Land jedoch ins Chaos gestürzt hatte. „Macron leistet sich einen diplomatischen Coup“, kommentiert anerkennend Libération.
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