Frankreich lehnt Assanges Asylgesuch ab: „Mein Leben ist in Gefahr“
Julian Assange hat in einem offenen Brief an Frankreichs Präsident François Hollande um Asyl gebeten. Dieser aber stuft Assanges Situation als ungefährlich ein.
![Julian Assange neben Ecuadors Außenminister Ricardo Patino Julian Assange neben Ecuadors Außenminister Ricardo Patino](https://taz.de/picture/484707/14/Assange_abgelehnt.jpg)
„Ich bin ein Journalist, der von den US-Behörden wegen seiner beruflichen Aktivitäten verfolgt und mit dem Tode bedroht wird“, schrieb Assange, der seit drei Jahren in der Botschaft von Ecuador in London festsitzt, in einem in der Tageszeitung Le Monde veröffentlichten Brief. Seine „körperliche und psychische Unversehrtheit“ sei „jeden Tag ein bisschen mehr bedroht“. Frankreich sei das einzige Land, das ihn vor „politischer Verfolgung“ schützen könne.
Wikileaks hat in den vergangenen Jahren immer wieder streng geheime Dokumente veröffentlicht, die unter anderem das Vorgehen der US-Streitkräfte im Irak und in Afghanistan beleuchteten. Assange zog damit den Zorn der US-Regierung auf sich. Zuletzt machte Wikileaks eine Reihe von Dokumenten publik, die zeigen, wie der US-Geheimdienst NSA Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), mehrere deutsche Minister und mindestens drei französische Präsidenten ausspionierte.
Assange war im Juni 2012 in die ecuadorianische Botschaft in London geflohen, nachdem er alle Rechtsmittel gegen ein Auslieferungsersuchen aus Schweden ausgeschöpft hatte. Schweden fordert seit dem Jahr 2010 die Auslieferung Assanges, um ihn zu Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs und der Vergewaltigung zu verhören. Assange weist die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurück und bezeichnet sie als politisch motiviert. Er fürchtet, von Schweden an die USA ausgeliefert zu werden, wo ihm ein Prozess wegen Geheimnisverrats drohen könnte.
„Ich wurde nie formell eines Vergehens oder Verbrechens nach dem gewöhnlichen Strafrecht beschuldigt, nirgendwo in der Welt, auch nicht in Schweden oder Großbritannien“, schrieb Assange nun in seinem offenen Brief. „Wenn Frankreich mich aufnimmt, würde es eine humanitäre Geste, aber vermutlich auch eine symbolische Geste vollziehen. Es würde eine Ermutigung an alle Journalisten und Whistleblower in aller Welt aussenden, die jeden Tag ihr Leben riskieren, um ihren Mitbürgern zu erlauben, einen Schritt auf die Wahrheit zuzugehen.“
Die französische Präsidentschaft lehnte das Asylgesuch aber in einer knappen Stellungnahme ab. „Eine gründlich Prüfung hat ergeben, dass Frankreich angesichts der juristischen Elemente und der materiellen Situation von Herrn Assange seinem Gesuch nicht stattgeben kann“, erklärte der Elysée-Palast. „Die Situation von Herrn Assange stellt keine unmittelbare Gefahr dar. Gegen ihn liegt unter anderem ein europäischer Haftbefehl vor.“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird