„Frankfurter Rundschau“ insolvent: Die Geduld verloren
Anzeigen-Einbrüche und sinkender Auflage: Die Eigentümer der einst stolzen „Frankfurter Rundschau“ möchten die Zeitung nicht mehr am Leben halten.
Schon die Uhrzeit hatte die Mitarbeiter bei der Frankfurter Rundschau stutzig gemacht: eine Betriebsversammlung um 15 Uhr? Mitten in der Hochphase der Zeitungsproduktion für den kommenden Tag? Es musste etwas Ernstes zu verkünden geben.
Und es ward Ernstes verkündet: Die Rundschau ist pleite. Das Druck- und Verlagshaus (DuV) Frankfurt am Main, zu dem auch die Zeitung gehört, hat am Dienstagmorgen wegen drohender Zahlungsunfähigkeit Insolvenz angemeldet. Als vorläufiger Insolvenzverwalter ist der Frankfurter Rechtsanwalt Frank Schmitt eingesetzt worden.
Für Verlagsgeschäftsführer Karlheinz Kroke „die schwärzeste Stunde“, wie er auf der Versammlung sagte, auch wenn der Betrieb zunächst wie bisher weitergehen soll.
136 Millionen Euro
Auch in Berlin, wo 44 Redakteure der FR in einer gemeinsamen Redaktion mit der Berliner Zeitung arbeiten, wurde eine Betriebsversammlung einberufen. Anwesenden zufolge gab dort der Vorstand der Verlagsgruppe M. DuMont Schauberg (MDS), Franz Sommerfeld, eine Erklärung ab.
136 Millionen Euro habe MDS demnach in die FR gesteckt, nun gebe es keine Perspektive mehr für das traditionsreiche Blatt. MDS wolle lieber seine übrigen Blätter stärken, statt weitere Millionen in die FR zu stecken.
Empfohlener externer Inhalt
Ein Rückgang beim Anzeigenverkauf von 15 Prozent seit Januar 2012 habe das Management überrascht. Sommerfeld soll demnach mit einem Verlust von 16 Millionen Euro für das laufende Geschäftsjahr rechnen. Er gehe davon aus, dass die FR noch bis Januar 2013 erscheinen werde.
Die Folgen für die Belegschaft seien noch offen, die Pläne des Insolvenzverwalters sollen den Beschäftigten innerhalb der nächsten 14 Tage offengelegt werden. Sicher ist: Die rund 500 Mitarbeiter des DuV erhalten von nun an für drei Monate Insolvenzgeld von der Bundesagentur für Arbeit.
Doch keine Einstellung der FR?
Am Druck- und Verlagshaus ist neben MDS (50 Prozent und eine Aktie) auch die SPD-eigene Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft DDVG (40 Prozent) beteiligt. Die Eigner gleichen seit Jahren die anfallenden Millionenverluste aus. Alle Gerüchte, die FR werde bald eingestellt oder erscheine demnächst nur noch im Internet und auf Tablets, wurden dennoch stoisch zurückgewiesen.
Noch im Mai dieses Jahres hatte Verlagsgeschäftsführer Karlheinz Kroke verkündet, dass er auf eine baldige Patronatserklärung der Eigentümer hoffe, die den Fortbestand der Rundschau bis Ende 2015 garantiert.
Auch DDVG-Geschäftsführer Jens Berendsen sagte noch im Juni, dass man Geduld mit der FR habe. Doch schon damals hatte die SPD-Bundesschatzmeisterin Barbara Hendricks gesagt, dass im klassischen Tageszeitungsgeschäft „kein Silberstreif am Horizont“ zu erkennen sei.
Dabei hat die Belegschaft der von jeher als eher links geltenden Tageszeitung immer wieder harte Einschnitte verkraften müssen: Nachdem 2006 DuMont die Mehrheit übernommen hatte, wurde die FR im Jahr darauf auf das kleine Tabloid-Format gestutzt, das zuvor in Deutschland eigentlich den Boulevardblättern vorbehalten war.
Bereits im September 2010 – wenige Wochen nach dem Verkaufsstart von Apples iPad in Deutschland – erschien die Rundschau mit einer viel gelobten App für den Tablet-PC.
Regionalzeitung mit Berliner Mantelteil
Im letzten Jahr verschmolz dann Verleger DuMont die überregionalen Redaktionen von Berliner Zeitung und FR in der Hauptstadt. Von damals 190 Redakteuren der FR zogen 44 nach Berlin um – und ebenso viele wurden entlassen.
Die Rundschau war von da an nur noch eine Regionalzeitung mit einem Mantelteil aus Berlin. Gleichwohl sind die 44 dorthin gezogenen Redakteure Angestellte des DuV – und müssen um ihren Job fürchten.
Der Konsolidierungsplan von DuMont – eine Redaktion beliefert zwei Zeitungen, die Synergien ergeben ein solches Sparpotenzial, dass die Rundschau schon 2013 eine schwarze Null schreibt – ist gescheitert.
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