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Frankfurt in der Fußball-Bundesliga„Fußball-Mafia DFB“

2:1 gegen Leverkusen gewonnen und doch nicht glücklich: Eintracht Frankfurt ist zurück in der Bundesliga. Die Fans rächten sich am Deutschen Fußball-Bund.

Mit dem Spiel zufrieden, mit dem DFB nicht: Fans in Frankfurt. Bild: dpa

FRANKFURT A.M. taz | Auch als alles längst gut war, konnte es Heribert Bruchhagen noch immer nicht fassen. Kopfschüttelnd blieb er immer wieder bei Reportern stehen: Mal sprach er von einem Fehler, „wie er ihn in seiner Laufbahn noch nie gesehen“ habe – der Vorstandsvorsitzende der Frankfurter Eintracht ist seit über 40 Jahren im Fußballgeschäft tätig.

Ein anderes Mal sprach der bald 64-Jährige von einer „deprimierenden Fehlentscheidung“ und wusste dann „nicht wirklich, ob das das richtige Sprachkleid“ sei. Dabei war Bruchhagen eigentlich glücklich wie ein kleines Kind, dem gerade die lange gewünschte Eisenbahn geschenkt wurde. Seine Frankfurter hatten nach einem furiosen Schlagabtausch und einem 0:1-Pausenrückstand den selbsternannten Champions-League-Kandidaten Bayer Leverkusen zum Saisonauftakt doch noch mit 2:1 bezwungen.

Mit ihrer beeindruckenden Courage und den beiden Toren hatten die Frankfurter Spieler es geschafft, dass die tatsächlich beeindruckende Fehlentscheidung von Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer aus der 39. Minute ein wenig in den Hintergrund rückte. Kinhöfer und sein Team hatten beim Stand von 1:0 für Leverkusen als einzige im Stadion das klare Foul von Bayer-Torhüter Bernd Leno an Frankfurts Offensivspieler Alexander Meier nicht als solches bewertet. Elfmeter für Frankfurt und Rote Karte für Leno hätten dieser Aktion folgen müssen.

Die Frankfurter Fanseele kochte nach dieser Fehlleistung und Bruchhagen sprintete von seinem Logenplatz an den Spielfeldrand, um dem vierten Offiziellen lautstark seine Meinung mitzuteilen. Eine solche Dynamik traut man dem Raucher Bruchhagen eigentlich nur beim Sprint an den Zigarettenautomat zu. „Zum Glück war diese Fehlentscheidung nicht spielentscheidend“, meinte Eintracht-Trainer Armin Veh erleichtert.

Botschaft an die Fans

Kinhöfer hatte keinen guten Tag, pfiff kleinlich und oft lag er falsch. Die Frankfurter Zuschauer hatte er schon vorher gegen sich aufgebracht, als er einem Treffer von Stefan Aigner die Anerkennung verweigert hatte, weil der Ball vor dem Zuspiel von Sebastian Rode im Aus gewesen sein soll (23.), auch die TV-Bilder lieferten dafür aber keinen eindeutigen Beweis. Da stand es noch 0:0, Stefan Kießling traf für Bayer in der 30. Minute.

Man will sich lieber nicht vorstellen, wie die Stimmung nach Schlusspfiff gewesen wäre, hätten die Frankfurter verloren. Eintracht-Kapitän Pirmin Schwegler erklärte raunend: „Der Schiedsrichter hatte Glück, dass wir gewonnen haben.“ Alleine dieser drohend daherkommende Satz des eigentlich immer um Ausgleich bemühten Schweizers macht deutlich, wie aufgeheizt die Stimmung zeitweise war.

Dabei hatte Schwegler kurz vor Spielbeginn noch eine Botschaft an die Fans von einem Blatt Papier abgelesen. Es war ein Aufruf zu fairem Benehmen, schließlich durften zum Saisonauftakt wegen häufigem und üblem Fehlverhalten der Eintracht-Anhänger nur 27.500 Zuschauer in die Arena. Genau verstehen konnte man Schweglers Worte allerdings nicht, sie gingen in den „Fußball-Mafia DFB“-Sprechchören aus der Eintracht-Kurve unter.

Leverkusener Übereifer

Die Eintracht und ihre Fans werden auch in Liga eins ein Thema bleiben. Die Ultras hatten ihre enge Weltsicht auf vielen Plakaten nachhaltig zum Ausdruck gebracht: „Wir kümmern uns nie, was die anderen sagen“, war zu lesen, oder: „Eintracht: Denn nichts anderes ist von Bedeutung.“ Doch auch diese kruden Botschaften gerieten angesichts des Spektakels auf dem Rasen am Ende in den Hintergrund.

Wie auf dem Bolzplatz ging es zu, fast jeder Angriff endete mit einer Torchance, dieser Aufreger im Frankfurter Stadtwald hätte auch 9:9 oder 11:11 ausgehen können. Die beiden Neuzugänge Stefan Aigner (57.) und Martin Lanig (82.) trafen für die überraschend wuchtige Eintracht.

Und die Leverkusener bleiben halt die Leverkusener: Sie deuten Potenzial an, aber wenn es gilt, den letzten Schritt auf der Erfolgsleiter hinaufzusteigen, fehlt die Standsicherheit. Bayer versäumte es aus Kinhöfers Fehler Kapital zu schlagen. Hätte Simon Rolfes in der 50. Minute frei vor dem starken Eintracht-Torwart Kevin Trapp den Ball nicht kläglich über, sondern locker ins Tor geschossen, wären die Frankfurter wohl besiegt gewesen.

Mit dem Trainertandem Sami Hyypiä und Sascha Lewandowski will Bayer in die Champions-League. Die Mannschaft habe sich so viel vorgenommen, da sei der Eifer in „Übereifer“ umgeschlagen, analysierte Lewandowski. Und genau das spricht nicht für den selbsternannten Champions-League-Kandidaten Bayer Leverkusen.

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4 Kommentare

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  • D
    Düsseldorfer

    Ein trauriger Artikel, der dieser Zeitung unwürdig ist. Die taz stellt sich - wie alle deutschen Massenmedien - gegen die Fans. Dabei sind es die Frankfurter ebenso wie die Düsseldorfer, die unter der eigenen Rechtsauffassung des DFB zu leiden haben. Und wer in einigen Sprechchören und Gesten sofort Lebensgefahr für den Schiedsrichter sieht, war eindeutig noch nie in einem richtigen Stadion.

     

    Die Banner der Ultras waren nur ein Folge des dauerhaften Einprügelns der Medien auf einen gewissen, eben etwas unbequemen Teils der deutschen Fanszene. Wenn man dauerhaft nach unten gedrückt wird, ist Verbitterung und der Entschluss zur Isolation nur die korrekte Folge.

     

    Ein Tiefpunkt der taz-Geschichte dieser Artikel. Einfach nur traurig, dass eine Zeitung, die normalerweise für die Volksnähe steht, so etwas veröffentlicht.

  • B
    Bercho

    Was nen armseliger Artikel. Hauptsache wieder etwas gegen die Fans schreiben scheint schwer in Mode zu sein.

  • M
    Martin

    Was heißt hier die Frankfurter Kurve hat gegen den DFB skandiert? Leverkusen beteiligte sich daran ebenso lautstark wie auch mit eigenen Plakaten! Mir geht das ehrlich langsam gegen den Strich, immer diese einseite Berichterstattung. Außerdem finde ich den vergleich mit dem Zigarettenautomaten auch sehr unpassend....

  • E
    Elwood

    Wäre taz-Reporter Tobias Schächter (pop)kulturell etwas bewandter, so hätte er in jener in "kruden Botschaften" gefassten "engen Weltsicht" die deutsche Übersetzung der ersten Verse aus Metallicas epischer Ballade 'Nothing Else Matters' erkennen können. :P