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■ Ruanda: Völkermordtribunal fällt die ersten TodesurteileFragwürdige Gerechtigkeit

Sollen Täter eines Völkermordes die Todesstrafe bekommen oder nicht? Es ist verlockend, auf eine so gestellte Frage eine prinzipielle Antwort geben zu wollen, die abstrakte Grundsätze gegenüber konkreten Umständen bevorzugt. Wer meint, daß nach dem nicht einmal drei Jahre zurückliegenden Genozid an bis zu einer Million Menschen in Ruanda aus prinzipiellen Bedenken keine Todesstrafe gegen die Täter fallen soll, muß sich den Vorwurf von Blindheit gefallen lassen.

Es würde niemand in Ruanda begreifen, daß Leute, die für den kaltblütigen Mord an unzähligen Menschen und für die versuchte Ausrottung einer Volksgruppe verantwortlich sind, in diesem bitterarmen Land den Rest ihres Lebens auf Staatskosten im Gefängnis verbringen sollen und dann vielleicht viel länger leben als die Überlebenden des Völkermordes draußen, die in Armut gefangen sind und oft gar nicht wissen, wie ihre Zukunft aussieht.

Daß die ersten Völkermordprozesse in Ruanda mit Todesurteilen geendet haben, ist das einzig richtige Signal an die noch frei herumlaufenden Drahtzieher, um die Ernsthaftigkeit und Entschlossenheit der unterfinanzierten und unterbesetzten ruandischen Justiz unter Beweis zu stellen. Doch wer Ruandas Justiz ernst nimmt, muß auch normale rechtsstaatliche Maßstäbe an sie anlegen.

Das 1996 in Kraft getretene ruandische Gesetz zur juristischen Bewältigung des Völkermordes sieht die Todesstrafe nur für eine relativ kleine „Kategorie eins“ von Tätern vor: „Planer, Organisatoren, Anstifter, Überwacher und Ausbilder“ des Völkermordes oder „Personen in Autoritätspositionen“, dazu noch besonders „eifrige“ Täter oder Sexualverbrecher. Die Masse der Komplizen, Mittäter und Mitläufer muß nur Gefängnisstrafen fürchten.

Es ließe sich darüber streiten, ob die beiden jetzt Verurteilten – die keine Verteidigung hatten und als relativ kleine Fische gelten – so ohne weiteres nach ein paar Tagen Gerichtsverhandlung zur besonders schuldigen „Kategorie eins“ gezählt werden können. Wenn sie den Tod verdienen, müßten wohl ziemlich viele der 90.000 Menschen, die in Ruandas Gefängnissen auf ihre Prozesse warten, auch hingerichtet werden. Es ist fraglich, ob Ruanda sich das leisten kann, ohne daß seine Justiz als Siegerjustiz dasteht und ein neuer Kreis von Rache und Mord in Gang gesetzt wird. Dominic Johnson

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