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Fragwürde Kooperation der Uni WürzburgTodestrafe und Handabhacken

Die Uni Würzburg streitet wegen eines Austauschs mit Saudi-Arabien. Für Wissenschaftlerinnen könnte es dort gefährlich werden, warnt Studierenden-Vertreter.

Autofahren dürfen Frauen in Saudi-Arabien nur heimlich Bild: dpa

MÜNCHEN taz | Wer in Saudi-Arabien einen schweren Diebstahl begeht, dem kann zur Strafe die Hand amputiert werden. Auf Ehebruch steht die Todesstrafe und Autofahren ist für Frauen verboten. Dass das Königreich die Menschenrechte missachtet und Frauen unterdrückt, hat nun an der Universität Würzburg zu einer Debatte geführt: Hochschulleitung und Studenten streiten über eine Zusammenarbeit mit der König-Saud-Universität (KSU) in Riad.

Anfang Dezember unterschrieb Würzburgs Unipräsident Alfred Forchel ein zweiseitiges Kooperationsabkommen mit den Saudis. Es sieht unter anderem ein Austauschprogramm für Studenten und Wissenschaftler vor. Details werden die beiden Universitäten im kommenden Jahr aushandeln.

Öffentlich gaben die Würzburger die Vereinbarung zunächst nicht bekannt. Nur den Uni-Senat informierte Forchel am Tag vor der Vertragsunterzeichnung. „Der Präsident würde sich keinen Zacken aus der Krone brechen, wenn er so eine Kooperation im Vorfeld an der Hochschule debattieren ließe“, sagt Daniel Janke, Vorsitzender der Studierendenvertretung.

Diskussionsbedarf sieht er allerhand, vor allem hinsichtlich der Situation saudischer Frauen. Diese dürfen ohne Zustimmung ihres männlichen Vormunds weder arbeiten noch studieren. „In Würzburg wird niemand auf die Idee kommen, eine Studentin dort hinzuschicken. Im Leben nicht“, sagt Janke daher.

Die Uni-Leitung verteidigt ihre Entscheidung. Die KSU sei auch mit anderen deutschen Hochschulen vernetzt, etwa mit der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität. Die vereinbarte Zusammenarbeit sei ein „völkerverbindendes Element“. Insgeheim hofft man in Würzburg, als Nebeneffekt des Austauschs progressive Kräfte in Saudi-Arabien zu stärken.

„Relativ liberal“

Die saudische Bloggerin Eman Al Nafjan bezeichnet die KSU als „relativ liberal“. Auch Frauen dürften dort studieren, obgleich getrennt von Männern auf einem eigenen Campus. Anders als an anderen Hochschulen des Landes müssen Studentinnen ihr Gesicht nicht komplett verhüllen.

Zudem lehrt die bekannte Frauenrechtsaktivistin und Professorin Fawziah Al Bakr an der KSU im Fach Pädagogik. „Die Regeln, die uns Frauen einschränken, werden nicht an der König-Saud-Universität gemacht“, sagt sie. „Die Kooperation mit der Universität Würzburg würde den Frauen helfen, da sie ihnen die Möglichkeit auf Bildung im Ausland eröffnet.“

Dass Frauen wie Al Bakr von der Zusammenarbeit mit der KSU entscheidend profitieren, bezweifeln die Würzburger Studenten zwar. Zumindest aber haben sie ihrem Präsidenten inzwischen ein Versprechen abgerungen: Austauschstudenten und -wissenschaftlern aus Riad wird Forchel nahelegen, in Würzburg Vorlesungen zu Menschenrechten und dem politischen System der Bundesrepublik Deutschland zu besuchen. „Das hat er uns mündlich zugesagt“, sagt Studierendenvertreter Janke.

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5 Kommentare

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  • G
    Gast

    100 Miliionen Christen werden weltweit verfolgt. Saudi Arabien ist mit vorn dabei. Hier hilft nur klare Kante gegen religöse Staatsformen, die selbst absolut intolerant sind. In Saudi Arabien werden noch Menschen wegen Zauberei exekutiert. Mehr hier http://www.focus.de/politik/ausland/christen-verfolgung-nordkorea-kenia-kirche-nigeria-massaker-weltverfolgungsindex-2014-diese-laender-machen-jagd-auf-christen-1_id_3523365.html

  • Hmm? In westlichen Nationen kann im eigentlichen von `Freiheit von Wissenschaft und Künsten´, deren Lehre und Forschung geredet werden.

    Abgesehen von neoliberal- ökonomischen ideologisierungen und Begrenzungen.

    Aber? Ich bezweifle sehr, das Wertefreie, säkuläre Wissenschaft und Forschung und Kunst und Lehre überhaupt möglich ist in Saudi-Arabien!

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    Eventuell kann einiges westliches Wissen aus Wissenschaft und Kunst und deren Forschung- im Sinne der islamisch- religiösen Wertsetzungen und deren Lehre-

    als `relativiert´ im Feld des zivilen Saudi-Arabischen Staates von Nutzen sein... und mag so der interkultuellen Verständigung dienen... Wer weiss?

    Aber? Saudische Studenten in BRD Universitäten sind seit 11.9. unter Verdacht, sowie sind sie potentielle Dissidenten im saudischen System!

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    Es ist ja der historische, Saudi Arabische, islamisch-agressive Messianismus- der da in Libyen kämpfte, der da Söldner für ein `islamic fundamental´ Syrien anheuert, der da hinter dem Tschetschenia Terror in Wolgograd etc. steht!

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    Saudi Arabiens Staat hat somit, m.E. einen gigantischen Bedarf an global-säkulär- modern- aufklärerisch ausgebildeten Menschen!

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    Jedoch muss jede Universität der BRD, gegenüber Saudisch arabischen Studenten `friedliche- Völkerverbindende´ Sensibilität beweisen und ausüben.

    Es geht mehr um `Völkerverbindende´ friedliche Freundschaft und Respekt.. als um Erfolgsresultate im wissenschaftlichen Verständnis!

  • G
    Gast

    Hm, als Student in Saudi Arabien: Kein Alkohol, nix sagen zum Königshaus oder Mohammed, praktisch in einem noblen Getto wohnend: Nicht wirklich prickelnd.

     

    Als Studentin: Richtig ins Klo gegriffen. Nett, dass sie ihr Gesicht nicht komplett verhüllen müssen.

     

    Saudi Arabien ist das Zentrum der islamischen Heiligtümer, des islamischen Glaubens und dort leben die knallharten Wahabiten, für die jeder andere ein Mensch 2. Klasse ist.

     

    Saudi-Arabien unterstützt Terrororganisationen und baut weltweit Eroberungsinstitute (sorry: Moscheen), um den Glauben eines unmoralischen Beduinen (Zitat: Atatürk, türkischer Erneuerer) zu verbreiten.

     

    Wer glaubt, denen geht es um Menschenrechte, dürfte stark um Irrtum sein. Es geht nur um technologisches Wissen.

  • 7G
    738 (Profil gelöscht)

    Wissenschaftler haben sich schon vor der Gründung der ersten Universitäten über alle kulturellen, religiösen und politischen Schranken hinweg ausgetauscht. Das sollten sogar Studenten wissen.

    Aber lieber wollen sie ihren Kommilitonen aus Saudi-Arabien nahelegen welche politisch korrekten Vorlesungen sie zu besuchen haben, wenn sie gnädigerweise deutsche Universitäten besuchen dürfen.

  • W
    Wolfgang

    Hätten die religiös-feudalen NATO-Prinzen und kapital-faschistischen Monarchisten Saudi-Arabiens, so auch in Kuwait und den VAE, keine Industrie-Rohstoffe im Angebot, so wäre wohl die oliv-grüne NATO-"Bundeswehr" im "Demokratie" und "Menschenrecht's-Einsatz - für (vorgebliche) Frauenrechte.