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Fragil kompakt

■ Michael Berger und das Bremer Quartett „Raum 19“ bei „Jazz im Zentrum

Noch immer scheint beim Bremer Jazzpublikum die Orientierung auf bekannte Namen von außerhalb zu dominieren, das Interesse an der Jazzszene der eigenen Stadt ist nur gering ausgeprägt. Anders läßt sich schwerlich erklären, wieso nur etwas mehr als 20 Interessierte am Donnerstagabend zum ersten Konzert der gemeinsamen Reihe von Angestelltenkammer und MIB gekommen waren. Die Musiker hätten mehr Interesse verdient.

Den ersten Set bestritt der Bremer Pianist Michael Berger am Piano. Er begann mit fragilen, lang ausklingenden Tönen, ätherische Linien mit romantischer Färbung. Berger nahm sich Zeit für jeden Akkord. Das fast halbstündige Stück war satzartig strukturiert. Das zweite konterkarierte die Stimmung des ersten dynamischer, kraftvoller. Im Schlußteil kehrten die romantisch-zerbrechlichen Töne wieder, um in nachlassender Dynamik auszuschwingen. Die folgen

den kürzeren Stücke variierten dann diese Elemente.

Das Quartett Raum 19 mit Eckhard Petri (as), Peter Apel (g), Günther Späth (b) und Hans Clauss (dr) frönt einem experimentellen New Jazz mit kompaktem Sound. Eckhart Petri hat seine Vorliebe für elegisches Spiel mit expressiven, schneidenden Momenten angereichert. Das erhöht die Spannung, erweitert die Ausdrucksstärke. Dynamisches Rückgrat des Quartetts ist zweifellos Schlagzeuger Hans Clauss, der neben seiner kraftvollen, abwechslungsreichen und ungeheuer versierten Rhythmusarbeit immer noch mit sympathischen Clownereien hinter dem Drumset aufwartet. Ebenso zentral für den Sound der Gruppe ist das Gitarrenspiel Peter Apels. Der Wechsel von perlenden Linien zu rotzigen, rockigen und rauhen Ausbrüchen oder trashigen Unterlagen trägt entscheidend zum dichten Klang der Gruppe bei. Kontrabassist Gün

ther Späth bevorzugt singenden Walking-Bass, ließ sein Instrument aber auch wie einen knalltrockenen E-Baß klingen. Die Stücke von Raum 19 beginnen oft mit einer suchenden Sequenz, eingeleitet durch ein Solo oder das stakkatohafte Einbrechen aller Instrumente. Nach und nach, manchmal auch abrupt, finden sie sich zum swingenden tutti. Im fest umrissenen Rahmen bleibt immer auch Raum für Improvisation. Gerade in den verhalteneren Passagen machte sich auch am Donnerstagabend ein Problem bemerkbar, das schon öfters bei Konzerten in der Angestelltenkammer auftauchte. Gleichzeitige Konzerte im Dritte-Welt-Haus in der Buchtstraße tönen in stilleren Sequenzen hinein und stören einfach. Es wäre zu wünschen, daß sich die VeranstalterInnen besser absprechen würden, um dieses Problem zu lösen. Ansonsten ein Konzert, das erheblich mehr Publikum verdient gehabt hätte. Arnau

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