Fragespiele in der Bürgerschaft: Keine Antwort ist keine Antwort

Die Fraktionschefin der Linken, Dora Heyenn, bekommt vom SPD-Senat keine Auskünfte. Parlamentspräsidentin Veit (SPD) sieht aber keinen groben Verstoß.

"Lasse mich nicht abspeisen": Lehrerin Heyenn tadelt den Senat. Bild: dpa

HAMBURG taz | Dora Heyenn steht nicht in dem Ruf, sich leicht abwimmeln zu lassen. "Damit gebe ich mich nicht zufrieden", sagt die resolute Fraktionsvorsitzende der Linken in der Bürgerschaft. Wie sie es als Lehrerin gewohnt ist, will sie auch in der Politik auf ihre Fragen "ausführliche und umfassende Antworten". Weil sie diese aber aus ihrer Sicht vom Senat nicht erhält, hat Heyenn Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) um Hilfe gebeten. Der Senat sei "seiner Antwortpflicht nach Artikel 25 der Hamburgischen Verfassung nicht nachgekommen", stellt sie in ihrem Schreiben an die "Sehr geehrte Frau Präsidentin" fest: "Ich bitte Sie, mir zu meinem Recht zu verhelfen."

Auf drei Kleine Anfragen mit zusammen 23 Einzelfragen zu den Themen Energienetze und Schulkantinen hat Heyenn vorige Woche wenig ausführliche Auskünfte erhalten. "Ja", "Nein", "Der Senat beantwortet hypothetische Fragen grundsätzlich nicht", "Darüber liegen keine Erkenntnisse vor", "Entfällt" lauten die meisten der Antworten. "Das sind keine Antworten", empört sich die 62-Jährige.

"Ich stehe für die Rechte der Abgeordneten", versichert Bürgerschaftspräsidentin Veit auf Anfrage der taz. Heyenn habe aber einige Fragen "wohl etwas unscharf formuliert". In einem Brief an Heyenn räumt Veit zwar ein, dass der Senat mehrere Fragen "nicht in der Sache beantwortet" habe. Nach Einschätzung der Juristen der Bürgerschaftskanzlei läge aber kein "offensichtlich grober Verstoß gegen die Antwortverpflichtung vor".

Über die Rechte des Parlaments heißt es auf der Homepage der Hamburger Bürgerschaft:

Kontrolle: Die Kontrolle des Senats ist eine der wichtigsten Aufgaben des Parlaments.

Opposition: Ihre Aufgabe ist es, die Kritik am Regierungsprogramm im Grundsatz und im Einzelfall öffentlich zu vertreten.

Kleine Anfragen: Jedes Mitglied der Bürgerschaft kann in öffentlichen Angelegenheiten Fragen in Form einer Schriftlichen Kleinen Anfrage an den Senat stellen, die der Senat binnen acht Tagen schriftlich zu beantworten hat.

Große Anfragen: Mindestens fünf Abgeordnete können gemeinsam umfangreichere Große Anfragen stellen, zu deren schriftlicher Beantwortung der Senat vier Wochen Zeit hat.

Und das, obwohl das Hamburger Verfassungsgericht die Rechte des Parlaments im Dezember 2010 ausdrücklich gestärkt hat. Auf Klage des SPD-Abgeordneten Mathias Petersen hatte es geurteilt, "formelhafte" Antworten seien nicht ausreichend. Der Senat müsse inhaltlich begründen, warum er keine Antwort geben könne. Sollten nicht alle nötigen Dokumente fristgerecht ausgewertet werden können, müsse der Senat zumindest eine Teilantwort geben und das kennzeichnen. Es gelte das Prinzip "so viel Antwort wie möglich".

Der damalige Oppositionspolitiker Petersen hatte geklagt, weil er auf mehrere Anfragen zum Thema Kreuzfahrtterminal Altona vom schwarz-grünen Senat nur ausweichende Antworten erhalten hatte. Das Urteil wertete er seinerzeit "als Stärkung der Rechte aller Abgeordneten".

Da könne sie "ja nur lachen", sagt Heyenn jetzt. Mindestens bei einigen ihrer jetzigen Fragen zu drohenden Schließungen von Schulkantinen habe der Senat "mich glatt angelogen" mit der Antwort, "hierüber keine Erkenntnisse" zu haben. Nur wenige Tage später habe sie dafür in mehreren Zeitungen - auch der taz - lesen müssen, dass zum Schuljahresbeginn an 72 Schulen die Küchen nur ein Notprogramm bieten, weil die Träger personell unterbesetzt sind: "Offenbar bekommen in Hamburg Medien eher Auskünfte vom Senat als die Abgeordneten", schimpft Heyenn.

Veit hat ihr im Antwortbrief mitgeteilt, es sei ihr "unbenommen, die von Ihnen angenommenen Verstöße zu konkretisieren und zu begründen". Das könne sie haben, sagt Heyenn: "So lasse ich mich nicht abspeisen."

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