piwik no script img

Fragen zum Radeln"Einige wollen das Radfahren diskreditieren"

Die Argumente gegen das Radfahren im Park ziehen nicht, sagt Benno Koch vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). Schon heute sei es auch erlaubt, im Park zu radeln, aber viele Bezirke weigerten sich, Radwege auszuweisen

Interview von Jan Piegsa

taz: Herr Koch, was halten Sie vom Vorschlag der SPD, das Radeln in den Berliner Parks und Grünanlagen zu erlauben?

Bild: Privat
Im Interview: 

BENNO KOCH, 41, ist Berliner Landesvorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs und Fahrradbeauftragter des Senats.

Benno Koch: Das ist doch heute schon erlaubt. Das Grünanlagengesetz sagt; Radfahren in Parks ist verboten, aber die Bezirke sind verpflichtet, Wege zum Radfahren auszuweisen. Und das tun einige Bezirke nicht.

Welche zum Beispiel?

Marzahn-Hellersdorf, Treptow-Köpenick und auch Spandau stehen oben auf der Liste derer, die sich weigern, selbst mit Fördergeldern ausgebaute Wege für Radfahrer freizugeben.

Gibt es auch Bezirke, die ihre Parks komplett freigeben?

Ja, Vorreiter war der Bezirk Mitte, der den Tiergarten freigegeben hat. Und auch Lichtenberg hat sich vor einem Jahr entschieden, alle Wege pauschal freizugeben. Nur vereinzelt gibt es Verbote.

Wie sind für Radfahrer gesperrte Wege gekennzeichnet?

Gekennzeichnet sind die nicht. Man muss das Grünanlagengesetz kennen, um zu wissen, dass das Schild mit der Tulpe auch bedeutet, das das Radfahren verboten ist. Ich denke, die meisten Berliner wissen das nicht.

Und die Ordnungsämter kassieren ab?

Da gibt es immer wieder Beschwerden von Radfahrern. Zum Teil sind es absurde Geschichten. Zum Beispiel gibt es in Tempelhof-Schöneberg einen Radweg vom Südkreuz zum Bahnhof Priesterweg, der durch den Hans-Balluschek-Park führt. Dort hat das Ordnungsamt regelmäßig kassiert, obwohl der Weg Anfang der 90er-Jahre als gemeinsamer Geh- und Radweg geplant und planfestgestellt worden ist.

Was ist mit dem Europaradweg, der für den Radverkehr teilweise gesperrt ist?

Ja, der Europaradweg R1 läuft durch den Treptower Park nach Erkner, und auf der Strecke sind mehrere Abschnitte nicht für Fahrräder freigegeben, obwohl der Weg ausgebaut ist und dort täglich Tausende langfahren.

Was fordern Sie als ADFC?

Bislang bearbeiten wir jeden einzelnen Bezirk, Freigabeschilder aufzustellen. Möglicherweise macht uns der SPD-Entwurf die Arbeit leichter. Wenn die Bezirke begründen müssen, warum sie nichts für Fahrradfahrer tun können, wird unterm Strich Radfahren womöglich überall selbstverständlich sein. In Fällen wie dem R1 dürfte eine Begründung schwerfallen.

Sie haben vor kurzem eine Umfrage durchgeführt. Mit welchem Ergebnis?

75 Prozent der Berliner sind dafür, das Radfahren in historischen Gärten wie dem Schlosspark Charlottenburg zu erlauben. Nur 22 Prozent sind dagegen. Bei Grünanlagen ist das Verhältnis sogar 90 zu 2. Nur zwei Prozent fühlen sich durch Radler gestört. Für ganz viele Berliner ist der einzige Grund, in der Stadt aufs Rad zu steigen, das Radfahren in Grünanlagen.

Die Linkspartei argumentiert, der SPD-Vorschlag führe zu Mehrkosten, weil eine neue Beschilderung nötig sei.

Man muss überhaupt keine neuen Schilder anschrauben. Das Schild mit der Tulpe würde doch dann das Radfahren erlauben.

Als Argument gegen das Radeln im Park wird auch der notwendige Schutz der Fußgänger angeführt. Der Radfahrer als Verkehrsrowdie?

Unfälle passieren nicht in den Parks, sondern auf den Straßen. Und dort werden 95 Prozent aller Unfälle von Autofahrern verursacht. Rund 120.000 Unfälle gibt es jährlich in Berlin. Davon sind etwa 200 von Radfahrern gegenüber Fußgängern verursacht. Hier wird von einigen versucht das Radfahren zu diskreditieren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!