Fragen an den Bundespräsidenten: Wulff stellt Antworten ins Netz
Lange gefordert, nun geliefert: Die Anwälte des Bundespräsidenten stellen 239 Seiten mit Antworten auf Journalistenfragen ins Netz. Erkenntnisse bringt das nicht.
BERLIN taz | Die Anwälte von Bundespräsident Christian Wulff haben 239 Seiten mit Antworten auf Journalistenfragen ins Internet gestellt. Wulff habe sie gebeten, die Fragen und Antworten zu veröffentlichen, "soweit diese Veröffentlichung zu keinen Rechtsverletzungen führt", teilte sein Anwalt Gernot Lehr am Mittwoch mit. Sie beziehen sich auf mehrere Themen, etwa auf den umstrittenen Privatkredit Wulffs, auf Urlaube des Präsidenten bei befreundeten Unternehmern und auf den Anruf beim Bild-Chefredakteur Kai Diekmann.
Mit der Veröffentlichung kommt Wulff einer Forderung nach, die Politiker aus Koalition und Opposition erhoben hatten. Alle Fragen seien "nach bestem Wissen und Gewissen" beantwortet worden, sagte Lehr. Nur bei Fragen, die den "Kernbereich des Privat- und Familienlebens" betrafen, habe man eine Beantwortung abgelehnt.
Die Veröffentlichung erfolgte kurz vor Redaktionsschluss der taz, sodass nur eine schnelle Durchsicht der im Netz stehenden PDF-Dokumente möglich war. Sie dokumentieren die E-Mail-Korrespondenz zwischen Lehr und Journalisten aus den vergangenen Wochen. Dabei scheint es so zu sein, als ob die anfragenden Medien die wichtigsten Punkte bereits veröffentlicht hätten. Der Erkenntniswert ist also gering.
Zu Beginn der Affäre Mitte Dezember stehen zum Beispiel Fragen zum Privatkredit im Mittelpunkt, den Wulff von Edith Geerkens bekam. Sie ist die Frau von Egon Geerkens, einem Unternehmer, mit dem Wulff befreundet ist und den er als niedersächsischer Ministerpräsident auf Auslandsreisen mitnahm. Wulff sagte später im Landtag, dass er keine geschäftliche Beziehung zu Geerkens habe. Die Opposition wirft ihm vor, gelogen zu haben. Den Privatkredit zahlte Wulff später zurück und nahm stattdessen einen ebenfalls umstrittenen Kredit bei der BW-Bank auf.
Über die Veröffentlichung hatte es zuvor Streit gegeben. Wulff hatte in seinem Fernsehinterview am 4. Januar angekündigt, seine Anwälte würden Details ins Netz stellen, sich dabei aber nicht konkret auf die hunderten Fragen und Antworten bezogen. Seine Anwälte hatten am nächsten Tag sechs Seiten veröffentlicht, auf denen sie Komplexe zusammenfassten. Daraufhin hatten Politiker von Koalition und Opposition die Offenlegung aller Fragen und Antworten gefordert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Schraubenzieher-Attacke in Regionalzug
Rassistisch, lebensbedrohlich – aber kein Mordversuch