Fracking in den USA: Billiges Öl beendet den Boom
Der niedrige Ölpreis macht neue Fracking-Förderanlagen in den USA derzeit unrentabel. Klimaschützern reicht das nicht, sie setzten auf die Politik.
NEW YORK taz | Der Traum vom schnellen Geld durch Fracking in den USA ist fürs Erste vorbei. Dafür hat der Preisverfall auf dem Rohölmarkt gesorgt. Quer durch das Land werden jetzt Bohranlagen stillgelegt. Tausende Öl-Arbeiter könnten ihre gut bezahlten Jobs verlieren.
Und an der Wall Street prognostizieren Investmentbanker, dass die seit vergangenem Juli um die Hälfte gesunkenen Rohölpreise noch bis mindestens zur Jahresmitte „beweglich“ bleiben werden. Inklusive gelegentlicher Sprünge nach oben, aber auch mit Tiefen von bis zu 40 Dollar pro Barrel. Paradoxerweise steigt dennoch die Ölproduktion in den USA weiter. Statt 7 Millionen täglich geförderten Barrel Öl am Jahres Ende 2013 hat sie Anfang dieses Jahres 9 Millionen Barrel erreicht.
North Dakota trifft es besonders hart. In dem Staat an der kanadischen Grenze sind während der zurückliegenden sechs Jahre, als der Rest der USA in der Rezession versank, Tausende neue Ölquellen erschlossen worden. North Dakota wurde dadurch zum Ölstaat Nummer zwei der USA – gleich nach Texas und noch vor Kalifornien.
Rund um die Industrie entstanden mehr als 55.000 neue Arbeitsplätze. Die Lobbyverbände prahlten, sie könnten die USA binnen weniger Jahre „unabhängig“ von Importen aus Venezuela und vom Arabischen Golf machen. Und priesen ihre Produkte als umweltfreundlich, preisgünstig und Jobmaschine.
Anfangsinvestitionen gescheut
Nun stehen 40 der 180 Bohranlagen in North Dakota still. Sie sind für den teuersten, ersten Teil des Frackings nötig. Erst nach diesen 1,5 Kilometer tiefen Bohrungen kann das „hydraulic fracturing“ beginnen. Dabei werden große Mengen von Wasser und Sand und ein Mix aus Chemikalien unter Druck horizontal in das Gestein gejagt, um es aufzubrechen und das eingelagerte Öl und Gas herauszulösen.
„Eine neue Bohrung kostet zwischen 6 und 10 Millionen Dollar“, erklärt Tessa Sandstrom, Sprecherin des „Petroleum Council“ in North Dakota. Angesichts von Ölpreisen unter 50 Dollar pro Barrel scheut die Industrie gegenwärtig diese Anfangsinvestitionen. Allerdings produzieren die meisten bereits angelegten Ölquellen weiter.
Ab welchem Rohölpreis sich das Fracking nicht mehr rentiert, ist regional unterschiedlich. In dem Fracking-Gebiet rund um Crosby an der kanadischen Grenze lohnt es sich – Bohrkosten inklusive – erst ab Rohölpreisen von 70 Dollar pro Barrel. Im Zentrum der Formation Bakken in North Dakota hingegen gibt es Orte, wo 30 Dollar ausreichen. Auch im Eagle Ford Shale in Texas erscheint Fracking trotz der niedrigen Rohölpreise weiterhin lukrativ.
Protest in Kalifornien
Ende Januar waren US-weit noch 1.317 Bohranlagen im Einsatz, ein Viertel weniger als noch im Oktober. Doch die Fracking-Industrie, die in den letzten Jahren Milliarden investiert hat, versteht das noch lange nicht als Aus. Die Branchen-Großen wollen die niedrigen Rohölpreise überbrücken, indem sie Kosten senken, aber im Geschäft bleiben. Die meisten Wall-Street-Unternehmen gehen davon aus, dass die Rohölpreise schon in der zweiten Jahreshälfte wieder steigen werden. Die Entwicklung, so die Investmentbank Goldman Sachs, „wird den Marktüberhang ausdünnen“.
Auch der US-Energieminister warnt davor, in Zukunft auf niedrige Rohölpreise zu setzen. Ernest Moniz rät seinen Landsleuten: „Die niedrigen Benzinpreise genießen. Schulden abzahlen und benzinsparende Autos kaufen. Das ist eine gute Basis, wenn die Ölpreise wieder steigen.“
In Kalifornien setzen Klimaschützer nicht auf sinkende Rohölpreise, sondern auf die Politik. „Klima-Champions fracken nicht“, skandierten vergangene Woche Tausende in Oakland, bei der bislang größten Anti-Fracking-Demonstration in den USA. UmweltschützerInnen und GewerkschafterInnen wollen, dass ihr Gouverneur Jerry Brown dem Beispiel von New York und Vermont folgt und das Fracking verbietet. In den letzten zwei Jahren sind dort – unter anderem zwischen den Mandel- , Obst- und Gemüseplantagen im Central Valley – zahlreiche Fracking-Bohrstellen entstanden.
Klima-Aktivistin Brooke Anderson, von der Gruppe „Movement Generation“ und eine der Organisatorinnen, sagt, dass die Atemwegs- und Hautkrankheiten der Bewohner der umliegenden Orte seither zunehmen. „Der Preis des Frackings bestimmt sich nicht auf dem Rohölmarkt“, sagt sie, „sondern über unsere sinkende Luft- und Wasserqualität.“
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