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„Fotos sehr junger Leute“ gesucht

■ Ein Jahr und drei Monate Knast für Hamburger, der seine zwölfjährige Stieftochter zur Vergewaltigung angeboten hat

Es ist dem Mut eines Zeugen zu verdanken, daß bekannt wurde, was Lutz L. plante – dem Mut, sich vor der Polizei dazu zu bekennen, in einem zweifelhaften Porno-Magazin eine Kontaktanzeige aufgegeben zu haben. Jener Zeuge hatte im Januar 1995 per Annonce „Fotos sehr junger Leute“ gesucht. Als ihm ein Jahr später der Angeklagte Lutz L. seine 12jährige Stieftochter zur Vergewaltigung anbot, erstattete er Anzeige bei der Polizei. Gestern wurde L. vom Hamburger Amtsgericht zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt.

Wäre es zu den Taten gekommen, die Lutz L. in seinem Brief detailliert vorgeschlagen hatte, hätte er ein Kapitaldelikt begangen. Dafür wäre er sicher acht bis zehn Jahre ins Gefängnis gekommen, sagte Amtsrichter Raffael Krispien in seiner Urteilsbegründung. Nun habe L.s Tat nicht nur darin bestanden, daß er einen Brief verfaßt habe, um sich selbst dadurch sexuell zu stimulieren. Er habe ihn auch bei der Post aufgegeben, was die Absicht signalisiere, seine Vorschläge in die Tat umzusetzen.

Lutz L.'s Stieftochter Annika war zwölf Jahre alt, als er sie in dem Schreiben anbot – unter Beifügung eines Fotos des Mädchens. Detailliert beschrieb er, wie die Vergewaltigung vorbereitet werden solle: Da „die Kleine“ des öfteren für Probeaufnahmen zu Fotostudios fahre, sollte der Empfänger des Briefes das Treffen als „Casting-Termin“ vereinbaren. Da Annika „einen gewissen Hang“ habe „zu allem, was mystisch und mysteriös ist“, solle eine Satansmesse organisiert, Annika dort zunächst mit „Curaçao auf Soda und Eis“ etwas „locker gemacht“ werden. Dann sollte sie gefesselt und in allen denkbaren Varianten vergewaltigt werden.

Daß der Angeklagte plante, ihre Tochter zu verkaufen, schwante irgendwann auch seiner damaligen Ehefrau. Nächtelang hatte Lutz L. Briefe geschrieben. Er bewerbe sich um Jobs, hatte er ihr gesagt. Eines Tages jedoch fiel ihr ein Antwortschreiben auf einen seiner Briefe in die Hand. Umgehend trennte sie sich von ihrem Mann.

Der gestand vor Gericht, der Verfasser dieses Briefes zu sein. Dadurch blieb es seiner Ex-Ehefrau und Annika erspart, bei der Verhandlung auszusagen. Schon im Oktober waren sie einmal umsonst aus ihrem kleinen Wohnort in Brandenburg nach Hamburg in den Gerichtssaal gekommen. Damals war Lutz L. zu seinem Prozeß nicht erschienen, weswegen er seit Anfang November in Untersuchungshaft saß. Elke Spanner

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