Forstwirtschaft in Irland: Kein Land für Eichhörnchen
Irland hat schon lange eine zwiespältige Beziehung zu seinen Wäldern. Nun werden auch noch eine Million Bäume geschreddert.
Teige Ryan, der Direktor der Baumschule None So Hardy, sagt, die irische Forstwirtschaft stecke in einer schweren Krise. Die Situation sei vergleichbar mit einem Patienten, der unter einer langwierigen schweren Erkrankung leide und nun einen Herzinfarkt bekommen habe. Er gibt dem Landwirtschaftsministerium die Schuld. Es habe die Verwaltung der Forstwirtschaft seit Jahren vernachlässigt und der Lizenzvergabe keine Dringlichkeit zugemessen.
Der „Herzinfarkt“ für die Forstwirtschaft, sagt Ryan, wurde dann durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs ausgelöst. Dieser hatte 2018 entschieden, dass Irlands Umwelt-TÜV, der Bestandteil der Lizenzvergabe für die Aufforstung ist, nicht rigoros genug sei. Deshalb müsse das Ministerium mehr Ökologen und Verwaltungsangestellte anheuern.
Das ist bisher nicht geschehen, sodass sich 1.500 Lizenzanträge im Ministerium stapeln. Ryans Baumschule steht vor dem Aus. „Die Jungbäume haben nur eine begrenzte Haltbarkeit“, sagt er. Man könne sie nicht unbegrenzt „durchfüttern“, weil sie ab einer bestimmten Größe mehr Platz benötigten und umgepflanzt werden müssten.
Von einem „detaillierten Plan, mit Rückstau und neuen Anträgen fertig zu werden“, sprach der zuständige Minister Dara Calleary, bevor er am Freitag wegen Missachtung der Coronaregeln zurücktreten musste. Und von „bedeutenden Investitionen“. Dabei ist das Problem keineswegs neu. In den vergangenen drei Jahren sind bereits fünf Millionen Setzlinge geschreddert worden.
Eichhörnchen müssen auf den Boden
Irland hat eine zwiespältige Beziehung zu seinen Wäldern. Früher waren 80 Prozent der Insel bewaldet. Ein Eichhörnchen konnte laut Volksmund von Belfast im Norden nach Cork im Süden gelangen, ohne den Boden zu berühren. Doch über die Jahrhunderte wurden die Wälder dezimiert, und es waren nicht nur die englischen Besatzer, die Holz für ihre Armada brauchten. Der Tiefpunkt war 1928 erreicht, als nur noch 1,2 Prozent des Landes bewaldet waren.
In den 1990er Jahren stellten die irische Regierung und die EU Fördergelder zur Verfügung, damit die Bauern Bäume pflanzten. Das trug dazu bei, dass der Anteil bewaldeter Fläche wieder zugenommen hat. Heute sind es 11 Prozent, der zweitniedrigste Waldbestand in der Europäischen Union. Fast drei Viertel von Irlands Wäldern sind keine dreißig Jahre alt.
Zur Jahrtausendwende hatte die irische Regierung 1,2 Millionen Bäume spendiert – einen für jeden Haushalt. Man bekam eine Urkunde und einen Lageplan, auf dem der „eigene“ Baum markiert war. Das Projekt mit dem protzigen Titel „Jahrtausendforst des Volkes“ kostete 5 Millionen Pfund, es gab Informationsveranstaltungen, Filme und Unterrichtseinheiten für Schulen.
Voriges Jahr ersann die Regierung ein neues Projekt. Bis 2040 sollen 440 Millionen Bäume gepflanzt werden, um CO2 zu binden – 22 Millionen im Jahr. Bisher stehen in Irland vor allem Nadelbäume. Die nicht heimische Sitka-Fichte macht 51 Prozent des Bestands aus, weil sie auch auf schlechtem Boden wächst, der für die Landwirtschaft nutzlos ist.
Es müsse ein Umdenken stattfinden, sagte Forstwirtschafts-staatssekretär Andrew Doyle. Man müsse abwägen, welche Art von Bäumen man wo und zu welchem Zweck pflanzen wolle, das habe Auswirkungen auf Artenvielfalt und Ökosystem. „Wenn es nur Nadelbäume sind, halten die Menschen sie lediglich für Produkte der Holzindustrie“, so Doyle. Ein Mischwald sei gut als Erholungsraum, für Artenvielfalt und CO2-Bindung. Wenn das Agrarministerium jedoch nicht langsam in die Gänge kommt, werden weder Nadel- noch Laubbäume gepflanzt.
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