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Folterklage von Kindsmörder GäfgenTeilerfolg gegen Deutschland

Deutschland wird vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt, weil es auf die Folterdrohung gegen Gäfgen nur halbherzig reagierte. Einen neuen Prozess gibt es nicht.

Kindermörder Magnus Gäfgen während seines Prozesses 2003. Bild: reuters

FREIBURG taz |Deutschland hat den Kindsmörder Magnus Gäfgen unmenschlich behandelt, als ihm 2002 Folter angedroht wurde. Dies stellte jetzt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg fest. Deutschland habe den Vorfall auch nicht angemessen aufgearbeitet. Der Strafprozess gegen Gäfgen muss aber nicht neu aufgerollt werden.

Der damals 27-jährige Jurastudent Magnus Gäfgen hatte 2002 den Bankierssohn Jakob von Metzler (11) aus Geldgier entführt und ermordet. Der Fall sorgte für großes Aufsehen, auch weil die Polizei dem Entführer kurz nach der Festnahme Folter angedroht hatte. Gäfgen sollte den Aufenthaltsort des Kindes bekannt geben - das aber zu diesem Zeitpunkt bereits tot war. Der Entführer brachte die Polizisten nur noch zur Leiche von Jakob. 2003 wurde Gäfgen wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.

In Straßburg beschwerte sich Gäfgen, dass das deutsche Gerichtsverfahren unfair gewesen sei. Er sei mit Hilfe von Beweismitteln verurteilt worden, die die Polizei nur aufgrund ihrer Folterdrohung erlangt habe. Außerdem bat Gäfgen um ausdrückliche Feststellung, dass er Opfer einer Menschenrechtsverletzung wurde.

In einem ersten Urteil hatte der Straßburger Gerichtshof 2008 Gäfgens Klage abgelehnt. Die Verurteilung habe auf einem neuen Geständnis Gäfgens beruht. Und eine Verurteilung Deutschlands wegen Folter hielt der Gerichtshof für überflüssig, Deutsche Gerichte hätten bereits unzweideutig das Vorgehen der Franfurter Polizei als Verstoß gegen das Folterverbot gebrandmarkt.

Gegen diese Entscheidung legte Gäfgens Anwalt Michael Heuchemer Rechtsmittel ein und konnte nun zumindest einen Teilerfolg erzielen. Die Große Kammer des Gerichtshofs, der 17 Richter angehören, verurteilte Deutschland ausdrücklich wegen "unmenschlicher Behandlung" Gäfgens. Der heute 35-Jährige habe seinen Opferstatus auch noch nicht verloren, weil Deutschland die Folter-Affäre nur halbherzig aufgearbeitet hatte.

So wurde der Frankfurter Polizei-Vize Wolfgang Daschner, der die Folterdrohung anordnete, 2004 nur zu einer geringen Geldstrafe auf Bewährung verurteilt. Dies habe nicht den "notwendigen Abschreckungseffekt" gehabt, argumentierten die Straßburger Richter. Auch die Beförderung Daschners zum Leiter des Polizeipräsidiums für Technik im Jahr 2006 ließ den EGMR zweifeln, ob Deutschland auf den Vorgang angemessen reagiert hat. Bemängelt wurde schließlich, dass über Gäfgens Schadensersatz-Klage in Deutschland immer noch entschieden ist.

Gäfgen kann die Verurteilung aber nicht nutzen, um eine Wiederaufnahme seines Verfahrens zu beantragen. Denn der zweite Teil seiner Klage wurde erneut abgelehnt. Die Verurteilung zu lebenslanger Haft habe nicht auf Beweismitteln beruht, die mit Hilfe der Folterdrohung gewonnen wurden. Vielmehr habe Gäfgen in seinem Strafprozess ein neues Geständnis abgelegt und dies als Ausdruck seiner Reue bezeichnet. Gäfgen hätte also auch verurteilt werden können, wenn die unter dem Eindruck der Folterdrohung gewonnenen Beweismittel gesperrt worden wären.

Anwalt Heuchemer hatte in seinem Plädoyer argumentiert, dass Gäfgen aufgrund der erdrückenden Beweislage praktisch gestehen musste, das Geständnis also nicht wirklich freiwillig war.

Die Entscheidung der Richter fiel jeweils mit elf zu sechs Stimmen. Gäfgen bekommt in Straßburg keinen Schadensersatz, weil er keinen beantragt hatte.

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17 Kommentare

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  • J
    Jan

    "Die Tür zu einem dunklen Raum geöffnet" stellte im Vorfeld des Strafverfahrens die Befangenheit des die Anklage vertretenden Staatsanwalt Möller dar, in der FAZ seinen Artikel mit dieser Überschrift veröffentlicht, und diese "Tür zu einem dunklen Raum wurde wieder geschlossen, nachdem Daschner die Tür zu diesen dunklem Raum öffnen ließ und der tote Junge in einem Sarg herausgetragen werden konnte". Vielen Dank und beste Grüße an Herrn Jaxy aus Frankfurt!

     

    Im übrigen verkannte das Gericht unter der vorsitzenden Richterin Bärbel Stock auch noch den einschlägigen Erlaubnistatbestandsirrtum des Angeklagten und später verurteilten Daschners und Mitangeklagten Ennigkeits, weil sie sich über die tatsächliche Ausgangslage irrten, nämlich der in Wahrheit tote Junge wäre noch am Leben gewesen. Wäre es denn so jedoch gewesen, dann stellt dies einen Rechtfertigungsgrund dar, der nach herrschender Meinung auch Polizeibeamten zusteht: Hierbei die Nothilfe gemäß § 32 StGB zugunsten des vermeintlich noch gelebten Entführungsopfer J. von Metzler, begründet hätte.

    Stattdessen philosophierte diese Richterin Stock bezogen auf Daschner und Mitangeklagtem in ihrer Urteilsfindung über das Dritte Reich und den Foltermethoden in dieser damaligen Diktatur "schon einmal wurde in Deutschland Menschen Informationen herausgepresst" und ferner begründete diese Richterin dies auch noch mit dem Persönlichkeitsrecht, absurder geht es wirklich nicht mehr. Herr Hild hätte unbedingt spätestens an dieser Stelle einen Befangenheitsantrag stellen müssen, das war unerträglichg durch diese Frau (!) Bärbel Stock als Richterin.

     

    Quod non licitum in lege, necessitas facit licitum.

  • JS
    Jan Schmaldienst

    "Die Tür zu einem dunklen Raum geöffnet" stellte im Vorfeld des Strafverfahrens die Befangenheit des die Anklage vertretenden Staatsanwalt Möller dar, in der FAZ seinen befangenen Artikel mit dieser Überschrift veröffentlicht, und diese "Tür zu einem dunklen Raum wurde wieder geschlossen, nachdem Daschner die Tür zu diesen dunklem Raum öffnen ließ und der tote Junge in einem Sarg herausgetragen werden konnte". Vielen Dank und beste Grüße an Herrn Jaxy aus Frankfurt!

     

    Im übrigen verkannte das Gericht unter der vorsitzenden Richterin Bärbel Stock auch noch den einschlägigen Erlaunbnistatbestandsirrtum des Angeklagten und später verurteilten Daschners und Ennigkeits, weil sie sich über die tatsächliche Ausgangslage irrten, nämlich der in Wahrheit tote Junge wäre noch am Leben gewesen und wäre es so jedoch gewesen, dies einen Rechtfertigungsgrund, der nach herrschender Meinung auch Polizeibeamten zusteht, hierbei die Nothilfe gemäß § 32 StGB zugunsten des vermeintlich noch gelebten Entführungsopfer JvM, begründet hätte mit der Folge des Ausschlusses des Vorsatzes von Daschner und Ennigkeit gemäß § 16 I StGB analog. Stattdessen philosophierte diese Richterin Stock bezogen auf Daschner und Co in ihrer Urteilsfindung über das Dritte Reich und den Foltermethoden in dieser damaligen Diktatur "schon einmal wurde in Deutschland Menschen Informationen herausgeprest" und ferner begründete diese Ricvhterin dies auch noch mit dem Persönlichkeitsrecht, absurder geht es wirklich nicht mehr. Herr Hild hätte unbedingt spätestens an dieser Stelle einen Befangenheitsantrag stellen müssen, das war unerträglichg durch diese Frau (!) Bärbel Stock als Richterin.

     

    Quod non licitum in lege, necessitas facit licitum.

  • KB
    karin bryant

    Eine Zeitung schrieb dass Gaefgen Schadenersatz in Hoehe von 40.000.00 Euro verlangt offenbar soll darueber noch in einem deutschen Gericht verhandelt werden. Ist das wirklich wahr?

    Ganz offenbar hat dieser Moerder totalen Realitaetsverlust und zeigt auch heute keine Anzeichen von Reue ueber den Tod dieses 9jaehrigen .

  • G
    Googy

    Folgender Kommentar ist m.E. sehr zutreffend:

     

     

    Ein gerechtes Urteil

    VON ANJA INGENRIETH

     

    KOMMENTAR

    Ein guter Tag für die Bürgerrechte in Europa: Unmenschliche Behandlung ist verboten. Dieser Grundsatz gilt uneingeschränkt, selbst wenn er mit der guten Absicht unterlaufen wird, Leben zu retten. Das ist die Botschaft der Straßburger Richter im Fall des Kindermörders Magnus Gäfgen. Sie ist wichtig, bedeutet den symbolischen Sieg eines Prinzips, aber nicht den faktischen Erfolg eines Täters. Denn Gäfgen verfehlt sein Ziel, bewiesene Schuld mit Hilfe europäischer Richter umzudeuteln. Der Kindermörder bleibt lebenslang hinter Gittern. Gäfgen drängte auf eine Wiederaufnahme des Verfahrens. Dem schoben die Straßburger Richter einen Riegel vor. Das ist gut so. Recht und Gerechtigkeitsempfinden sind bekanntermaßen oft nicht leicht in Einklang zu bringen. In diesem Fall ist es gelungen.

     

    © Copyright Bremer Tageszeitungen AG Ausgabe: Verdener Nachrichten Seite: 7 Datum: 02.06.2010

  • SS
    Sylvie Schramm

    Ich kann mich dem Kommentar von "gehts noch" nur

    anschließen.Kann sich denn keiner vorstellen,wie

    verzweifelt Daschner und seine Mitarbeiter waren ?

    Sie dachten doch,dass das Kind Jakob noch am Leben ist!Sie wurden von Gäfgen eiskalt getäuscht,und dachten,in einer Notwehrsituation zu handeln.

     

    Vielleicht muss man selber Kinder haben,um sich die

    völlige Verzweiflung der Eltern vorstellen zu können,die furchtbare Angst,dass das Kind leidet,die Ungewissheit,WAS es gerade erdulden muss,

    diese wahnsinnige,lähmende Angst,sein Kind nie wieder lebendig und gesund in die Arme schließen zu können.

    (Jakob starb einen qualvollen und keinen schnellen Tod!)

    Die Machtlosigkeit,dem Kind nicht helfen zu können,ALL DAS MUSS FÜR DIE ELTERN AUCH FOLTER GEWESEN SEIN!!! Die Beamten haben in einer Notwehr-

    situation FÜR JAKOB und seine Eltern gehandelt.Jeder,der Kinder hat und sie liebt,wird nachvollziehen können,wie Daschner verzweifelt versucht hat,um Jakobs Leben zu kämpfen.

    Wäre Jakob nicht schon von Gäfgen ermordet worden,wäre Daschner ein Held-zumindest für Eltern.

    Hätte man Jakob lebendig gefunden,wäre das Wort

    Folter dann überhaupt gefallen? Ich glaube es nicht.

     

    Was für mich noch klarzustellen ist:

    Es ist zynisch,sich bei einem selbstgerechten,

    kaltblütigen und sich selbst zum Opfer von Folter stilisierenden Kindesmörder zu bedanken.So zynisch,

    dass ich am liebsten mein Abo kündigen würde,denn

    dieses Dankeschön von Christian Rath an einen Mörder

    steckt mir quer im Hals und wenn es da morgen immer

    noch steckt,war ich die längste Zeit eine treue

    taz-Liebhaberin und Leserin.

    Sylvie Schramm

  • R
    runzbart

    lieber gehts noch:

     

    die sache ist doch auch die, die polizei war sich zwar sicher, dass magnus gäfgen etwas mit der entführung zu tun hatte, konnte aber nicht zu 100% wissen, ob er auch wusste, wo das kind ist.

    selbst wenn sie es in diesem fall zu 100% gewusst hätte und er hätte nicht gesagt, wo das kind ist, hätte die polizei dann auch foltern dürfen?

    und wie ist es in fällen, wo man nur einen mutmaßlichen entführer vernimmt? entspricht das dort auch noch ihrem rechtsbewusstsein, diesem mensch folter anzudrohen oder sogar zu foltern?

    und wer entscheidet darüber, aber welchem grad an gewissheit man folter androhen darf und ab welchem tatsächlich foltern?

  • J
    Jan

    Dafür wird jetzt der Gäfgen aber in seinem lebenslangen JVA-Aufenthalt als Kindesmörder doch "menschlicherer" behandelt... Bis er mit seinen Füßen voran im liegen aus seiner Gefängniszelle herausgetragen wird!

     

    quod non licitum in lege, necessitas facit licitum!

  • RG
    Reinhard Gottorf

    Ja, da kocht die Volksseele. Ein verurteilter Kindesmörder hat die Dreistigkeit und verklagt Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Und er bekommt doch tatsächlich in Teilen recht. Deutschland verstößt gegen die Menschenrechtskonvention. In Fall dieses Kindesmörder!!

    In einem Rechtsstaat hat jeder, egal ob unschuldiger Säugling oder verurteilter Massen- oder Kindesmörder das Recht, den in diesem Rechtsstaat möglichen Rechtsweg bis zur letzten Instanz zu begehen. Nichts anderes hat der Anwalt für seinen Mandanten gemacht. Wer dieses Recht nicht jedem oder jeder, einschließlich dem verurteilten Kindesmörder Gäfgen, zugestehen will, sollte es laut sagen. Er oder sie sollten dann aber auch im gleichen Atemzug dazu sagen, dass sie diesen Rechtsstaat abgeschafft sehen wollen.

    Gäfgen war zum Zeitpunkt, zu dem ihm von der Frankfurter Polizei körperliche Gewalt angedroht worden war, Beschuldigter. Er war noch kein verurteilter Mörder, wie es in vielen Veröffentlichungen heute aber dargestellt wird. Wer es also gutheißt, was dem Beschuldigten Gäfgen seinerzeit widerfahren ist, der oder die soll laut und deutlich sagen, dass es wieder zur Normalität in deutschen Verhörzimmern werden soll, dass Beschuldigte gefoltert werden können. Der oder die soll aber wissen, dass sie sich damit aus der Gemeinschaft der zivilisierten Welt verabschieden. Ja sie verabschieden sich sogar aus der Gemeinschaft, die in Deutschland die Urteile des Bundesverfassungsgerichtes für allgemein rechtsgültig und damit für alle Bürgerinnen und Bürger dieses Landes verbindlich halten.

    In seiner Entscheidung vom 21. Juni 1977 (BVerfGE 45, 187) hat es folgendes u.a. postuliert:“ Achtung und Schutz der Menschenwürde gehören zu den Konstitutionsprinzipien des Grundgesetzes. Die freie menschliche Persönlichkeit und ihre Würde stellen den höchsten Rechtswert innerhalb der verfassungsmäßigen Ordnung dar. Der Staatsgewalt ist in allen ihren Erscheinungsformen die Verpflichtung auferlegt, die Würde des Menschen zu achten und sie zu schützen.“ Weiter heißt es dort: „Der Satz ‚der Mensch muss immer Zweck an sich selbst bleiben‘ gilt uneingeschränkt für alle Rechtsgebiete; denn die unverletzbare Würde des Menschen als Person besteht gerade darin, dass er als selbstverantwortliche Persön¬lichkeit anerkannt bleibt.“

    Dieser Grundsatz gilt auch für einen verurteilten Mörder, da sich diese o.a. Entscheidung auf einen Fall bezieht, bei dem es um die Verurteilung zu einer lebenslangen Strafe handelt, die wegen Mordes in einem besonders schweren Fall ausgesprochen worden war.

    Diesen Grundsatz hatte das Gericht, welches Gäfgen wegen Kindsmord zu lebenslanger Haft verurteilt hat, nicht ausreichend beachtet. Die Ermittlungsbehörde, also die Frankfurter Polizei, hat sogar gegen diesen Grundsatz verstoßen. Das hat nun der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte auch mit seiner Entscheidung über die Verletzung von Artikel 3 (Verbot der Folter und unmenschlicher Behandlung) der Europäischen Menschenrechtskonvention festgestellt und Deutschland zu Recht verurteilt. Diese Entscheidung ist ein Sieg der Menschenrechte und eine schallende Ohrfeige für Teile der deutschen Justiz und für die hessische Polizeiführung. Sie ist ein Sieg für alle, die den funktionierenden Rechtsstaat als einen Grundpfeiler unserer freiheitlichen Gesellschaft ansehen. Wer sich über dieses Urteil aufregt, wer diese Entscheidung in demagogischer Art und Weise darstellt, der sollte seine Haltung zum Rechtsstaat einmal selbstkritisch überprüfen.

  • T
    Turnschuhrichter

    Deutschland bricht immer noch die Menschenrechte! Und das trotz der Vergangenheit, die nie vergeht! "Der Schoß ist fruchtbar noch..."

    Ganz klar, der bedauernswerte Gäfgen muss sofort rehabilitiert, freigelassen und angemessen entschädigt werden!

  • F
    Flo

    "a) Weder Folter noch die Drohung mit Folter haben in einem Rechtsstaat etwas verloren. Wir können nicht einfach das Grundgesetz ignorieren, nur weil es uns gerade opportun erscheint, aus was für noblen Gründen auch immer."

     

    Hätte man das Kind sterben lassen sollen, damit (wie unten so schön beschrieben) der Gemütszustand dieses Mannes ja nicht erregt wird?

    Ich denke, würde es um mein Kind gehen, hätte ich die verbale Auseinandersetzung direkt übersprungen. Auf der anderen Seite stimmt es natürlich das die Polizei kein Recht hat zu foltern oder dies auch nur anzudrohen. Formal ist der Täter somit im Recht. Aber menschlich gesehen...

  • JB
    Jochen Braun

    Sicherlich hat kein Polizist einem Menschen in einer Vernehmung mit Gewalt/Folter zu drohen. Entsprechende Gesetze haben wir ja nicht ohne Grund, und ich habe selber viele Jahre in Ländern gelebt, in denen Misshandlungen durch Polizei und Militär alltäglich waren.

    Es gibt somit keine Entschuldigung für die Gewaltandrohung, wohl aber kann mensch Verständnis haben für einen Polizisten, dem in so einer Situation die (verbale) Sicherung durchbrennt.

    Ich habe auch einmal ein paar mich noch frech anfeixenden Jungendlichen die eine Frau beleidigten eine "gescheuert". Ich habe dafür eine Geldstrafe erhalten und bezahlt.

    Trotzdem würde ich es wieder machen, muss aber eben dann auch mit den Folgen leben.

     

    Ob ich in einer solchen Situation wie der Entführung anders gehandelt hätte als der Polizist wage ich einmal zu bezweifeln.

    Trotzdem ist eine Rüge durch den EGFM völlig gerechtfertigt, wie auch eine Bestrafung eines schlagen Polizisten obligatorisch sein sollte.

     

    Wenn ich ein solches Gesetz überschreite, muss ich, bei allem Verständnis für die Aktion, auch die Konsequenzen tragen. Auch und gerade als Polizist.

    Es liegt also an ihm eine Situation abzuwägen: Der eventuelle Nutzen gegen die Rechtslage und die Konsequenzen für ihn.

    Passiert oder droht ihm nichts wird systematischer Folter Tür und Tor geöffnet.

  • JB
    Jochen Braun

    Sicherlich hat kein Polizist einem Menschen in einer Vernehmung mit Gewalt/Folter zu drohen. Entsprechende Gesetze haben wir ja nicht ohne Grund, und ich habe selber viele Jahre in Ländern gelebt, in denen Misshandlungen durch Polizei und Militär alltäglich waren.

    Es gibt somit keine Entschuldigung für die Gewaltandrohung, wohl aber kann mensch Verständnis haben für einen Polizisten, dem in so einer Situation die (verbale) Sicherung durchbrennt.

    Ich habe auch einmal ein paar mich noch frech anfeixenden Jungendlichen die eine Frau beleidigten eine "gescheuert". Ich habe dafür eine Geldstrafe erhalten und bezahlt.

    Trotzdem würde ich es wieder machen, muss aber eben dann auch mit den Folgen leben.

     

    Ob ich in einer solchen Situation wie der Entführung anders gehandelt hätte als der Polizist wage ich einmal zu bezweifeln.

    Trotzdem ist eine Rüge durch den EGFM völlig gerechtfertigt, wie auch eine Bestrafung eines schlagen Polizisten obligatorisch sein sollte.

     

    Wenn ich ein solches Gesetz überschreite, muss ich, bei allem Verständnis für die Aktion, auch die Konsequenzen tragen. Auch und gerade als Polizist.

    Es liegt also an ihm eine Situation abzuwägen: Der eventuelle Nutzen gegen die Rechtslage und die Konsequenzen für ihn.

    Passiert oder droht ihm nichts wird systematischer Folter Tür und Tor geöffnet.

  • S
    Stimmvieh

    a) Weder Folter noch die Drohung mit Folter haben in einem Rechtsstaat etwas verloren. Wir können nicht einfach das Grundgesetz ignorieren, nur weil es uns gerade opportun erscheint, aus was für noblen Gründen auch immer.

     

    b) Die Schlagzeile bewegt sich auf einem Niveau, das ich eher von der Springer-Presse erwartet hätte. Habt Ihr da ein Austauschprogramm am Laufen?

  • I
    ich

    @ Sebastian

    Genau Täter haben keine Rechte mehr ....

    Echt aufgeklärt ...

  • S
    Sebastian

    Tja, aus Tätern werden Opfer gemacht, das ist die EU im Jahre 2010...

  • EB
    Ein Beobachter

    Wenn dieser von wem auch immer legitimierte Gerichtshof im Ausland über nationalinterne Strafrechtssachen quasi überkompetent entscheidet, dass das "Folter" gewesen sei und damit ein absolutes Verfahrenshindernis nach bundesdeutschen Rechts wiederum darstellt und es keine anderweitige Beweise nach wie vor (Urkunden, Sachverständige, Augenschein, Zeugen) gegen Gäfgen gäbe, könnte dieser Heuchelmer aufgrund "neuer Tatsachen" eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Anfang an strafrechtlich verlangen nun, mit Erfolg wie ich meine und Gäfgen würde höchstwahrscheinlich freigesprochen werden müssen. Diese Anwaltsstrategie war seit dem Zeitpunkt klar, als Heuchemer die Mandatur Gäfgens für diese Schritte vor dem europäischen Gerichtshof annahm. Dem steht auch nicht entgegen, dass Gäfgen 2003 in seinem Strafprozess nach qualifizierter Belehrung des Richters aus freien Stücken ein volles Geständnis ablegte. Denn dieser Prozess hätte wegen der nun aufgrund dieses Urteils Feststellung, das es Folter gewesen sei, gar nicht stattfinden dürfen wegen der gravierenden Verletzung des § 136 a StPO. Die "Tür zu einem dunklen Raum" wurde geschlossen und zwar ewig, nachdem "Daschner diese Tür zu einem dunklen Raum öffnen ließ und der tote Junge in einem Sarg aus diesem dunklen Raum herausgetragen werden konnte". Herrn Jaxy aus Frankfurt sei Dank und diese Metzlers, bei allem Verständnis für ihre Tragödie des Verlustes ihres geliebten Sohnes Jakob - mein aufrichtiges Beileid im nachhinein - hätten von vornherein nach "Anzeigenerstattung" sich aus dem sowohl kurzfristigen Ermittlungsverfahren als auch Gerichtsprozess komplett heraushalten sollen. Stattdessen...!

  • GN
    gehts noch

    Wenn man jemandem, der ein Kind entführt und tötet, zu einem Zeitpunkt, als man dachte das Kind lebt noch, nicht mal mit Worten drohen darf um das Leben des Kindes zu retten, dann entspricht das absolut nicht meinem Rechtsbewusstsein.

    In diesem Fall ist mir das Leben des Opfers wichtiger als der angekratzte Gemütszustand des Mörders.

     

    Ist das gerecht?