Folgen von Naturkatastrophen und Krieg: Rekord von Binnenvertriebenen weltweit
Neue bewaffnete Konflikte und Naturkatastrophen haben 2024 für einen Rekord bei den Binnenvertriebenen geführt. Besonders hoch ist die Zahl in den USA.

In den USA gab es im Jahr 2024 elf Millionen Vertreibungen. Das waren innerhalb eines Jahres so viele wie in keinem Land seit Beginn der Aufzeichnungen 2008. Hintergrund: Unter „Vertreibungen“ werden auch Evakuierungen vor Unwettern gezählt.
Weltweit lag die Zahl der Binnenvertriebenen Ende des Jahres bei 83,4 Millionen, wie die Beobachtungsstelle berichtet. Das ist mehr als doppelt so viel wie sechs Jahre zuvor und fast zehn Prozent mehr als 2023.
Fast 90 Prozent der Menschen flohen vor Gewalt und Kämpfen. Die Beobachtungsstelle nennt als Hotspots etwa die Demokratische Republik Kongo, die besetzten palästinensischen Gebiete und den Sudan.
Menschen müssen mehrfach fliegen
Die Zahl der Vertreibungen umfasst auch Menschen, die mehrmals ihren Wohnort verlassen mussten und liegt daher höher als die Zahl der Vertriebenen.
Viele Menschen müssen mehrfach fliehen, weil sie an ihrem ersten Zufluchtsort nicht sicher sind oder weil sie durch eine weitere Katastrophe erneut vertrieben werden. Deshalb werden sowohl Vertreibungen innerhalb eines Jahres als auch die Zahl der Vertriebenen zum Ende des Jahres gezählt. Manche Vertriebene konnten seit Jahren nicht in die Heimat zurück.
Als Beispiel: 2024 zählte die Beobachtungsstelle 3,2 Millionen Vertreibungen in den von Israel besetzten palästinensischen Gebieten. Am Stichtag Ende 2024 waren es aber 2,03 Millionen Vertriebene, darunter praktisch die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens. Für die USA waren es elf Millionen Vertreibungen, aber Ende des Jahres gab es nur noch 22.000 Vertriebene.
Insgesamt zählte die Beobachtungsstelle für das vergangene Jahr 65,8 Millionen neue Vertreibungen. Gut zwei Drittel davon waren auf Naturkatastrophen zurückzuführen – auch eine Rekordzahl.
Gesamtzahl der Vertriebenen noch höher
Die Beobachtungsstelle konzentriert sich auf Menschen, die im eigenen Land geblieben sind, also Binnenvertriebene. Insgesamt müssen durch Kriege, Konflikte oder Katastrophen deutlich mehr Menschen ihre Heimat verlassen. Viele fliehen über die Grenzen in andere Länder und werden für diese Statistik nicht gezählt. Mitte 2024 sprach das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) bereits von 122,6 Millionen Vertriebenen weltweit – in ihren Heimat- und anderen Ländern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Arbeitszeitbetrug-Meme
Arbeitgeber hassen diesen Trick
Friedrich Merz und Israel
Außenkanzler, blind und taub
Indischer Schriftsteller Pankaj Mishra
„Gaza hat die westliche Glaubwürdigkeit untergraben“
Israelisches Militär im Westjordanland
Auch Deutscher unter beschossenen Diplomaten
Jüdische Studierendenunion
„Die Linke hört nicht auf die Betroffenen“
Neue EU-Sanktionen gegen Russland
Zuckerbrot statt Peitsche