piwik no script img

Folgen von Grenzschließungen in EuropaSchengen weg? 77 Milliarden weg.

EU-Grenzkontrollen würden der Konjunktur schaden. Wissenschaftler errechnen für Deutschland 77 Milliarden Euro Extrakosten, für die EU 470 Milliarden.

Lastwagenstau an der Grenze bei Pocking (Bayern). Das könnte nur der Anfang sein. Foto: dpa

Gütersloh afp | Im Fall einer dauerhaften Rückkehr zu innereuropäischen Grenzkontrollen drohen Deutschland in den nächsten knapp zehn Jahren Wohlstandsverluste von mindestens 77 Milliarden Euro. Das ergab eine am Dienstag vorgestellte Modellrechnung im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung. Im ungünstigen Fall könne sich der Verlust bis 2025 bis auf 235 Milliarden Euro summieren.

Die Wiedereinführung von Grenzkontrollen führe zu allgemeinen Kosten- und Preissteigerungen, die das Wirtschaftswachstum dämpften und die errechneten Wohlstandsverluste verursachten, erklärte die Stiftung in Gütersloh unter Verweis auf das von der Prognos AG erstellte Gutachten. Für die EU insgesamt sei je nach Szenario mit Verlusten von 470 Milliarden bis 1,4 Billionen Euro zu rechnen.

Auch Handelsmächte wie die USA und China wären betroffen und müssten demnach als Folge der innereuropäischen Preisbewegungen mit Verlusten von 95 bis etwa 280 Milliarden Euro rechnen. „Wenn die Schlagbäume innerhalb Europas wieder runtergehen, gerät das ohnehin schwache Wachstum in Europa noch stärker unter Druck. Am Ende zahlen alle Menschen die Rechnung“, teilte der Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann Stiftung, Aart De Geus, mit.

Vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise sehen viele Beobachter die Gefahr der Rückkehr zu nationalen Grenzkontrollen innerhalb des sogenannten Schengen-Raums. In diesem fließt der Güter- und Personenverkehr frei, lediglich die EU-Außengrenzen werden kontrolliert.

Den Berechnungen für die Stiftung zufolge resultieren die prognostizieren Einbußen aus den durch Grenzkontrollen entstehenden Zeitverlusten. Sie erhöhen die Personalkosten für Unternehmen und unterbrechen moderne Just-in-Time-Lieferketten, was zu einem steigenden Bedarf an Lagerbeständen und ebenfalls steigenden Produktionskosten führt. Als Folge daraus steigen die Preise, was wiederum die Konsumnachfrage dämpft und die europäische Wettbewerbsfähigkeit auf den internationalen Märkten senkt. Das schadet auch dem Export.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Na is doch gut. Auch wieder der Beweis, daß EUROPA nur aus wirtschaftlichen Gründen existiert. Und wie ein Vorredner sagte, ...die Kosten für die Kriege, die wir führen, sind viel höher!!!!!! In Zusammenhängen zu denken war nicht niemals die Stärke von solchen Analytikern.

    Hans-Ulrich Grefe

  • 2G
    27741 (Profil gelöscht)

    Liebe Wissenschaftler, kümmert euch lieber um die Kosten die durch die derzeitige Kriegspolitk entstehen. Man bekommt ja den Eindruck, als würdet ihr von der Wirtschaft bezahlt.

    • @27741 (Profil gelöscht):

      Lieber Pluto,

      die "Bertelsmann"-Stiftung IST von der Wirtschaft bezahlt - nicht nur dem Namen nach.

      Es handelt sich um eine neoliberale Interessenvereinigung, die mit Vorliebe "wissenschaftliche" Empfehlung für "gutes Regieren" abgibt, während ein andere Teil des Bertelsmannkonzerns dem Staat Hilfe beim "guten Regieren" verkauft...

      • 8G
        86548 (Profil gelöscht)
        @mensch meier:

        Lieber Pluto und lieber Meier,

         

        letzlich wird alles von "der Wirtschaft" bezahlt, denn schließlich erwirtschaftet "die Wirtschaft" das Geld von dem wir alle ganz gut leben.

        • 2G
          27741 (Profil gelöscht)
          @86548 (Profil gelöscht):

          Und nicht die Wirtschaft erwirtschaftet das Geld, sondern die Menschen die in ihr arbeiten.

        • 2G
          27741 (Profil gelöscht)
          @86548 (Profil gelöscht):

          Sie sind wohl ein bisschen weltfremd. Alle leben bestimmt nicht gut davon.