Folge der Georgienkrise: Ukraines Regierung scheitert

Mal wieder bricht die Koalition zwischen Präsident Wiktor Juschtschenko und Premierministerin Julia Timoschenko. Gewinner ist die prorussische Partei.

Schluss mit der Einigkeit: Timoschenko und Juschtschenko. Bild: dpa

KIEW taz Nur ein Jahr nach den letzten vorgezogenen Wahlen könnten die Ukrainer schon im Herbst erneut zu den Urnen gerufen werden. Parlamentspräsident Arseni Jazenjuk bestätigte am Donnerstag in Kiew den Bruch der Regierungskoalition. Am Mittwochabend hatte Staatspräsident Wiktor Juschtschenko im Fernsehen erklärt, sollte nach Ablauf einer zehntägigen Frist innerhalb weiterer 30 Tage keine neue Koalition zustande kommen, werde er von seinem Recht Gebrauch machen, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen anzusetzen. Er bezichtigte seine Premierministerin Julia Timoschenko eines politischen Umsturzes. Er werde gegen alle verfassungswidrigen Gesetze ein Veto einlegen, sagte der Präsident. Timoschenko rief ihrerseits zu einer Rückkehr der Präsidentenpartei in ihre Koalition auf und kündigte zugleich Koalitionsverhandlungen mit der "Partei der Regionen" des mehr an Russland orientierten Exregierungschefs Wiktor Janukowitsch an, zu Zeiten der orangenen Revolution 2004 und auch im letztjährigen Wahlkampf noch ein erbitterter Widersacher der Regierungschefin.

Timoschenkos Partei BJUT hatte am Dienstag mit Janukowitschs Partei vier Gesetze im Parlament beschlossen, die die Vollmachten des Staatspräsidenten beschränken. So wird der Geheimdienst der Regierung statt dem Präsidenten unterstellt, und ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten wird möglich gemacht. Ein derartiges Gesetz war auf Initiative der Kommunisten bereits 2007 verabschiedet, dann aber von Juschtschenko per Veto gestoppt worden. Nach der jetzigen Abstimmung verließen die Abgeordneten von Juschtschenkos Bündnis "Unsere Ukraine - Volksverteidigung" (NU-NS) das Parlament und dann die Koalition.

Politische Krisen sind in der Ukraine schon fast ein Dauerzustand, und der jüngste Akt kommt nicht überraschend. Bereits im Mai hatten die Abgeordneten auf Betreiben Timoschenkos die jährliche Ansprache Juschtschenkos im Parlament aus Protest gegen dessen Veto über die Wirtschaftspolitik der Regierung verhindert. Kurz darauf verließen zwei Abgeordnete die Regierungskoalition, die daraufhin ihre Mehrheit verlor.

Seit Beginn des Georgienkrieges im August haben sich die Spannungen verschärft. Während Juschtschenko im Verbund mit seinem polnischen und estnischen Amtskollegen bei einem Besuch in Tiflis Georgien seine Solidarität demonstrierte, hielt sich Timoschenko auffallend zurück. Umso aktiver agierte die Regierungschefin kurz darauf bei einem Treffen mit Russlands Premier Wladimir Putin in Moskau, was ihr den Vorwurf einbrachte, für die russische Seite zu arbeiten und damit nationale Interessen zu verraten.

An vorgezogenen Neuwahlen dürfte weder BJUT noch NU-NS gelegen sein, denn profitieren würden sie davon nicht, analysiert der Politikwissenschaftler Alexander Suschko. "Wenn BJUT und die Partei der Regionen sich jedoch zusammentun, könnten sie versucht sein, weitere Verfassungsänderungen vorzunehmen mit dem Ziel, den Präsidenten noch mehr zu entmachten", sagte er.

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