Flugzeugzeugentführung in Russland: Spritztour in den Himmel
Seit Dienstag wird auf einem Kleinflughafen am Ural ein Feuerlöschflugzeug vermisst. Und mit ihm eine Partyrunde, die das Flugzeug wohl zu einem Rundflug kaperte.
BERLIN taz | Nicht schlecht staunten der zweite Pilot und der Bordmechaniker eines Feuerwehrflugzeugs des Kleinflughafens von Serows am Ural, als sie am Dienstagmorgen ihre Arbeit antreten wollten. Ihr Propellerflugzeug war verschwunden. Keine Menschenseele befand sich außer ihnen auf dem Flugplatz, lediglich drei Pkws standen verwaist auf dem Parkplatz.
150 Einsatzkräfte suchen mittlerweile nach dem Flugzeug am Boden, drei Hubschrauber und zwei Flugzeuge in der Luft. Die Einsatzkräfte sind ratlos. Von dem Flugzeug fehlt nach wie vor jede Spur, fünf Kleinflugplätze in der Nachbarschaft wurden inspiziert, doch ergebnislos. Auch die Mobiltelefone der Fluggäste antworten nicht.
Die russischen Ermittlungsbehörden berichten inzwischen, dass die Maschine am Montagabend mit vermutlich 13 Personen an Bord vom Kleinflughafen Serow in unbekannte Richtung gestartet sei, ohne Starterlaubnis. Mehrere Wodkaflaschen und andere Utensilien, die auf dem Flugplatz gefunden wurden, machten schnell deutlich: Hier war vor dem Abflug kräftig gebechert worden. Schnell war auch klar, dass sich der Pilot ohne die Mannschaft, dafür aber mit einer Reihe von Zechkumpanen auf eine Spritztour aufgemacht hatte.
Schwer muss es nicht gefallen sein, das Flugzeug zu kapern. Auf dem Kleinflughafen arbeiten gewöhnlich nur vier Aufsichtspersonen. Zwei von ihnen stiegen wohl selbst in die Maschine ein. Noch kurz vor dem nicht genehmigten Abflug, so die Ermittlungsbehörden, habe einer der Mitreisenden, Dmitri Uschakow, Chef der örtlichen Verkehrspolizei, mehrere Freunde per Telefon zu der ungewöhnlichen Reise eingeladen.
Für viele Beamte hat der Vorfall nun auch ein Nachspiel. Serows Polizeichef und sein Stellvertreter wurden mit sofortiger Wirkung vom Dienst suspendiert. Uschakows Vorgesetzter hat mit disziplinarrechtlichen Strafen zu rechnen. Ihm werden „Versäumnisse bei der Führung des persönlichen Mitarbeiterstabs“ vorgeworfen. Auch weitere Beamte, so das Innenministerium im Gebiet Swerdlowsk, hätten mit disziplinarrechtlichen Strafen zu rechnen, zitiert das Internetportal aktualno.ru den Pressesprecher der Polizei.
Unterdessen entsandte das russische Innenministerium eine eigene Ermittlerkommission nach Serow. Es wird in verschiedene Richtungen ermittelt. Bei einer Verurteilung drohen den Schuldigen Haftstrafen von bis zu sieben Jahren. Doch die Ermittlungsbehörden räumen ein, dass nur noch eine minimale Hoffnung bestehe, ihrer lebend habhaft zu werden.
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