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Flugzeugabsturz in KolumbienZugriff in Santa Cruz

Der Chef der verantwortlichen Fluggesellschaft LaMia ist festgenommen worden. Es besteht der Verdacht, dass die Firma einen Tankstopp sparen wollte.

Überführung der Särge nach Brasilien Foto: dpa

Santa Cruz dpa | Der Chef der für den Flugzeugabsturz in Kolumbien verantwortlichen Chartergesellschaft LaMia ist festgenommen worden. Zudem wurden am Dienstagabend im bolivianischen Santa Cruz zwei weitere LaMia-Angestellte festgenommen, wie die zuständige Staatsanwaltschaft mitteilte. Zuvor waren Büros durchsucht worden. Der Charterfluggesellschaft wird vorgeworfen, zu wenig Treibstoff für den Flug von Santa Cruz in die kolumbianische Stadt Medellín an Bord gehabt zu haben. Sie stürzte am 28. November ab, 71 Menschen starben. Das brasilianische Fußballteam Chapecoense war auf dem Weg zum Finalhinspiel um den Südamerika-Cup gegen Atlético Nacional.

Noch am Dienstag hatte die Deutsche Presse-Agentur mit dem Chef von LaMia telefoniert, er hatte aber einen Kommentar zu den Vorwürfen abgelehnt, bei weiteren Versuchen ging nur noch eine Frau ans Telefon. Die bolivianische Regierung hat LaMia die Lizenz entzogen.

Die Ermittlungen konzentrieren sich darauf, warum es zu dem Absturz kommen konnte, ob zum Beispiel ein notwendiger Tankstopp einfach nicht eingelegt wurde. Die Flugzeit wurde mit rund 4:20 Stunden berechnet, was in etwa genau der Reichweite der Maschine vom Typ Avro RJ85 bis Medellín entspricht. Vorgeschrieben ist aber, dass Treibstoffmengen deutlich über der berechneten Flugzeit an Bord sein müssen, um zum Beispiel Landungen an anderen Flughäfen zu schaffen.

Boliviens Verteidigungsminister Reymi Ferreira hatte am Montag den gestorbenen Piloten und Miteigentümer verantwortlich gemacht. „Der Pilot hat das Flugprotokoll verletzt. Es gab ein wirtschaftliches Kriterium, um Kosten zu sparen, das die Tragödie verursacht hat.“

Es wird auch gegen Vertreter der Luftsicherheitsbehörde ermittelt, warum der Flugplan so genehmigt wurde. Auch bei einem Charterflug der argentinischen Nationalmannschaft mit Lionel Messi an Bord soll das Unglücksflugzeug zu wenig Treibstoff getankt haben. Das berichtete das Portal „Folha de S. Paulo“ unter Berufung auf Daten von „FlightRadar 24h“, das Flugbewegungen analysiert. Das Team war am 11. November nach dem WM-Qualifikationsspiel gegen Brasilien (0:3) in Belo Horizonte nach Buenos Aires geflogen. Der Flug dauerte 4:04 Stunden, die Maschine kann mit vollem Tank 4:22 Stunden fliegen.

In dem Bericht wurde auf Regeln der Behörden in Argentinien verwiesen, die mindestens Treibstoff für 45 Minuten über der berechneten Flugzeit an Bord fordern, um einen Puffer zu haben.

Nach der Absturztragödie war der brasilianische Fußballverein AF Chapecoense am Montag zum Titelträger des diesjährigen Südamerika-Cups, der Copa Sudamericana, ernannt worden. Das teilte der südamerikanische Fußballverband Conmebol mit. Damit wurde einem Antrag des Finalgegners Atlético Nacional stattgegeben. Dieser erhält für diese besondere Form des Fair Play eine Prämie von einer Million Dollar. Chapecoense bekommt zwei Millionen US-Dollar Preisgeld.

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1 Kommentar

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  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Um möglichst viel Treibstoff zu sparen, nehmen einige Piloten gerade so viel Sprit an Bord, wie sie unbedingt bis zur Destination brauchen. Bei manchen Billig-Airlines ist es ein Grund für heftige Kritik an Piloten, die sich daran nicht halten.Jedes Kilo mehr muß bewegt werden und erhöht den Verbrauch und damit die Kosten. Verantwortungsvolle Airlines haben immer eine gewisse Reserve im Tank um im gegebenen Fall auch mal auf einen anderen Airport ausweichen zu können oder 1/2 Stunde im Hold den Zielflughafen zu umkreisen wenn keine sofortige Landung möglich ist. Vor allem die Billig-Airlines sind Experten beim Spritsparen und ausgehender Treibstoff ist allemal ein Grund zur bevorzugten Landung - was Zeit spart und den Flieger "on time" hält. Auf Kosten der Sicherheit...