Fluglärm in Tegel: EU-Verordnung verhindert Entlastung
Die CDU will Flüge vom Flughafen Tegel nach Schönefeld verlegen. Nur: Trotz breiter Unterstützung ist dies rechtlich nicht möglich.
Die CDU erhält viel Unterstützung für den Vorschlag, mehr Flugverkehr von Tegel nach Schönefeld zu verlagern – aber niemand weiß so richtig, wie das klappen kann. Der CDU-Vorstand hatte die Flughafengesellschaft in einem Positionspapier zu einer „gerechteren Verkehrsverteilung“ aufgefordert: „Mehr als 300 Flugbewegungen in Tegel gegenüber weniger als 100 in Schönefeld stellen keine befriedigende Situation dar.“
In Tegel bekommen laut Angaben der Länder Berlin und Brandenburg tagsüber 183.700 Menschen einen Fluglärm von über 55 Dezibel ab, in Schönefeld sind es 6.400 Menschen. Der Flughafen Tegel sollte schließen, sobald in Schönefeld der neue Großflughafen BER eröffnet. Der Termin wurde mehrfach verschoben, er ist derzeit nicht absehbar. So lange werden die beiden Altflughäfen weitergenutzt.
Ole Kreins, verkehrspolitischer Sprecher der Berliner SPD-Fraktion, unterstützt die Forderung einer Verlagerung von Flügen von Tegel nach Schönefeld: Man sollte „die Anwohnerbedürfnisse besser berücksichtigen“, sagt er. Auch der Grünen-Verkehrspolitiker Harald Moritz meint: „Ein schöner Vorschlag.“ Er hatte ihn auch schon im Oktober im Verkehrsausschuss zum Thema gemacht – und war dort abgeblitzt.
Das Problem: Es gibt „keine administrativen Möglichkeiten, den Fluggesellschaften einzelne Flughäfen zuzuweisen“, so Christian Gaebler (SPD), Staatssekretär in der Verkehrsverwaltung. Wenn ein Flughafen noch Kapazität hat und eine Fluggesellschaft dorthin fliegen will, dann darf sie nicht abgewiesen werden. So regelt es eine EU-Verordnung, die den Wettbewerb zwischen den Fluggesellschaften sicherstellen soll. Vor deren Inkrafttreten war es möglich, dass der Inhaber eines Flughafens neuen Fluggesellschaften den Anflug verbot, um die einheimischen Fluggesellschaften vor Konkurrenz zu schützen.
Und so operiert der innerstädtische Flughafen Tegel weiter mit hoher Auslastung, während es in Schönefeld vergleichsweise ruhig ist. Und das hat erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit der betroffenen Anwohner. Der Epidemiologe Eberhard Greiser hatte im Jahr 2010 im Auftrag des Umweltbundesamtes die Daten von gut 800.000 gesetzlich Krankenversicherten rund um den Flughafen Köln/Bonn auswerten können. Er hat dabei untersucht, wie laut der Fluglärm bei den einzelnen Versicherten ist und wie häufig ihnen Medikamente gegen Bluthochdruck sowie Arzneimittel zur Behandlung von Herz- und Kreislauf-Erkrankungen oder Beruhigungs- und Schlafmittel verordnet wurden. Das Ergebnis ist eindeutig: „Bei allen diesen Mitteln steigen Häufigkeit und Menge der Verordnungen mit der Intensität des Fluglärms, dem die Menschen ausgesetzt sind“, so Greiser. Ein Beispiel: Das Risiko von Frauen, an Krebs zu erkranken, stieg bei 55 Dezibel Fluglärm am Tag um ein Viertel.
Dennoch: Der Lufthansa-Konzern konnte im Oktober sogar noch weitere Flüge von Schönefeld nach Tegel verlegen – und zwar alle Verbindungen der Billigflug-Tochtergesellschaft Germanwings. Einer der Gründe: Die Kunden würden so „von der direkteren Anbindung Tegels an die Innenstadt und kürzeren Wegen beispielsweise zu Geschäftsterminen in der Innenstadt“ profitieren, teilte das Unternehmen mit.
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