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Flüchtlingunterkunft in BerlinWegen Überfüllung weiter offen

Die Notunterkunft im ehemaligen Flughafen Tegel ist überfüllt und teuer. Die Sozialsenatorin will sie verkleinern. Die CDU bremst.

Katastrophale Zustände in der Notunterkunft in Tegel Foto: Monika Skolimowska/dpa

Berlin taz | Soll die Notunterkunft im früheren Flughafen Tegel erweitert werden oder schließen? Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) will die Unterkunftsplätze reduzieren und Notunterkünfte mittelfristig am liebsten ganz abschaffen. Oder soll Tegel, wo vor allem Flüchtlinge aus der Ukraine untergebracht sind, wachsen? Darüber ist in der Koalition ein Streit entbrannt.

Der Vertrag des Landes Berlin über Tegel läuft noch bis Ende 2025. Im laufenden Jahr plant die Senatorin gut 2.000 Plätze in besseren Unterkünften und 2025 weitere 3.000. Kiziltepe weist auf Probleme in Tegel für die Bewohnerinnen und Bewohner und ihre Integration hin. „Es ist für die Menschen nicht gut, wenn 14 Personen auf engstem Raum schlafen müssen, ohne Perspektive, wann sie die Unterkunft wieder verlassen können“, so die Sozialsenatorin.

„Ob wir Tegel nach 2025 weiternutzen, hängt auch davon ab, wie schnell wir weitere Unterkünfte in der Stadt finden“, konkretisiert Kiziltepes Sprecher Stefan Strauß gegenüber der taz. Außerdem gebe es Unwägbarkeiten, etwa die künftigen Flüchtlingszahlen. „Eine Prognose ist hier schwierig und hängt von der weltpolitischen Lage ab, zum Beispiel von Kriegen und Krisen.“

Dirk Stettner hält dagegen. Für den CDU-Fraktionschef führt an weiteren Großunterkünften in Berlin kein Weg vorbei. „Solange der Bund seine Asylpolitik nicht ändert und den hohen Zustrom an Asylbewerbern nicht stoppt oder wenigstens stark drosselt, werden wir weiter Großunterkünfte brauchen“, sagt Stettner.

Katastrophale Zustände

Vor allem der Flüchtlingsrat setzt sich schon lange für eine „sofortige Schließung der katastrophalen, menschenunwürdigen, abgeschotteten und extrem kostspieligen“ Massenunterkunft ein. Gefordert wird eine „dezentrale Unterbringung von Geflüchteten in Wohnungen, mindestens jedoch in Gemeinschaftsunterkünften mit Apartmentstrukturen und Möglichkeiten zur Selbstversorgung“. So sagt es die Sprecherin des Flüchtlingsrats, Djairan Jetka.

In Tegel und in weiteren Berliner Notunterkünften bekommen die Bewohner zwar Mahlzeiten. Sie haben aber keine Möglichkeiten, sich selbst etwas zuzubereiten. Auch auf kulturell und gesundheitlich bedingte Ernährungsanforderungen kann kaum Rücksicht genommen werden. Auch deshalb meint der Flüchtlingsrat: „Tegel gehört geschlossen und nicht erweitert.“

Im Moment wird die Unterkunft in Tegel aber gerade erweitert. Das Land lässt dort zusätzliche Großzelte aufstellen. In denen sollen etwa 1.000 Menschen auf engstem Raum untergebracht werden. Derzeit wohnen 10 bis 14 Personen in einer Schlafkabine ohne ausreichend Platz, ihre Sachen abzustellen. Wer für den Deutschkurs oder die Schule lernen will, hat Schwierigkeiten, ein geeignetes Plätzchen zu finden.

Reserve für steigende Zahlen

„Aufgrund der Erfahrungen aus den vergangenen Jahren dienen die neuen Hallen als Reserve, da im Spätsommer und Herbst die Zahlen der neu nach Berlin kommenden Menschen immer gestiegen sind“, begründet Sascha Langenbach vom Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten die Erweiterung. Pflegefälle, die derzeit auch in die Massenschlafkabinen mit anderen Menschen zusammengepfercht leben, sollen woanders untergebracht werden. „Wenn es gut läuft, noch im August“, kündigt Langenbach an.

Derzeit hat Tegel eine Kapazität für 6.400 Menschen. 4.054 Betten sind mit Ukrainern und Ukrainerinnen belegt, 816 mit Asylbewerbern. Da Plätze frei sind, werde derzeit daran gearbeitet, einige Schlafkabinen mit nur 4 bis 10 Personen zu belegen, sagt Langenbach der taz. „Dann gibt es auch mehr Ablagen, Stühle und einen Tisch.“

Die Unterkunft Tegel ist nicht nur die schlechteste in Berlin, sie ist mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die teuerste. Zwar hält der schwarz-rote Senat die genauen Kosten geheim. Auf der Grundlage eines Teils der öffentlichen Daten hat der Flüchtlingsrat allerdings einen Tagessatz pro Nacht und Person von rund 260 Euro teils errechnet und teils geschätzt.

Rechnungen der taz kommen auf einen geringfügig höheren Betrag, wenn man zugrunde legt, dass Tegel das Land pro Tag 1,6 Millionen Euro kosten würde. Diese Zahl nannte ein Vertreter der Landesregierung vertraulich. Für 260 oder 280 Euro kann man auch in einem Sternehotel wohnen. In regulären Sammelunterkünften mit besseren Standards für die Bewohner als in Tegel sind Tagessätze von gut 30 Euro üblich.

Sozialstaatssekretär Aziz Bozkurt (SPD) hatte einmal gesagt, man könnte von dem Geld, das Tegel koste, „jeden Monat eine MUF bauen“, also eine feste Unterkunft für 500 Menschen. Laut internen Unterlagen der Landesregierung, die der taz vorliegen, gehen der Löwenanteil der Finanzierung für Tegel an die Messe Berlin GmbH unter anderem für die Security, an die Tegel Projekt GmbH, zum Beispiel für Miete und Betriebskosten, sowie an das Sozialwerk des DRK, das die Unterkunft betreibt.

Die Vergabe erfolgte 2022 durch die damalige Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) ohne Ausschreibung, weil nach Ausbruch des Ukrainekrieges dafür keine Zeit war und eine riesige Zahl von Ukrainerinnen schnell untergebracht werden musste. Nach Kenntnis der taz ist auch nachträglich zumindest bisher keine Ausschreibung erfolgt.

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