Flüchtlingsunterkunft verhindert: Die Klage der Anwohner
Eine geplante Flüchtlingsunterkunft in Hamburg-Lokstedt darf vorerst nicht gebaut werden. Das entschied das Hamburgische Oberverwaltungsgericht.
HAMBURG taz | In Hamburg-Lokstedt hat die Klage einer benachbarten Gewerbetreibenden den Bau einer Unterkunft für 120 Flüchtlinge vorerst verhindert. Von dem Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) versprechen sich nun auch andere Unterkunftsgegner in der Stadt, Einrichtungen in ihrer Nachbarschaft verhindern zu können.
Das OVG hatte Mitte Juni im Eilverfahren eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestätigt, wonach die geplante Flüchtlingsunterkunft am Lokstedter Offakamp vorerst nicht gebaut werden darf. Die Begründung: Die Wohnunterkunft widerspreche dem Bebauungsplan, der in diesem Gebiet nur Gewerbebetriebe erlaubt. Das Urteil bedeutet jedoch nicht, dass Unterkünfte in Gewerbegebieten generell nicht erlaubt sind. Die Besonderheit am Offakamp ist, dass der Bau von „Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke“ hier explizit ausgeschlossen ist.
Die Sozialbehörde rechnet damit, dass bis Ende 2014 die Zahl der Flüchtlinge und Wohnungslosen steigt. Deshalb sollen die Bezirke bis Ende 2014 1.900 weitere Plätze schaffen. Insgesamt gebe es dann 10.200 Unterkünfte in der Stadt. Die Umsetzung sei aber nicht immer leicht, da es mitunter an Flächen und an der Zustimmung der Bevölkerung mangele, sagt Sozialbehörden-Sprecher Olaf Dittmann.
Die geplante Wohnunterkunft am Offakamp war aber auch aus einem anderen Grund umstritten: Sie sollte auf einer ehemaligen Müllkippe gebaut werden. Der Flüchtlingsrat Hamburg kritisiert außerdem, dass mit den geplanten Wohncontainern neue Lager errichtet werden. „Wir wollen, dass Flüchtlinge in Wohnungen untergebracht werden“, sagt Hermann Hardt vom Flüchtlingsrat. Kurzfristig könne es zwar auch mal sinnvoll sein, Container aufzustellen, aber nicht als Dauereinrichtung.
Den Protest der Anwohner, der darauf abziele, die Flüchtlinge aus der Nachbarschaft fernzuhalten, ist in Hardts Augen „einfach nur rassistisch“. Dieser Konflikt verschärfe sich durch Sammelunterkünfte, sagt er. Würden Flüchtlinge stattdessen in Wohnungen untergebracht, komme er nicht zum Tragen.
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