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FlüchtlingspolitikHumaner abschieben mit der GAL

Hamburgs Grüne sprechen von einem Kurswechsel: So manches, was Niedersachsen und Schleswig-Holstein tun, ist in der Hansestadt jetzt verpönt.

In Hamburg kein Thema mehr: Aktion gegen Sammelabschiebungen, 2008 am dortigen Flughafen. Bild: dpa

Antje Möller ist zufrieden: Ein Kurswechsel habe "faktisch stattgefunden", sagt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grün-Alternativen Liste (GAL) in der Hamburgischen Bürgerschaft mit Blick auf die dortige Flüchtlingspolitik. Und das habe natürlich viel "mit unseren Impulsen" in zweieinhalb Jahren gemeinsamer Regierungszeit mit der CDU zu tun.

In der Tat ist die Zahl der Abschiebungen aus Hamburg deutlich rückläufig. Weniger als 500 Menschen wurden 2008 und 2009 "rückgeführt", wie es im Amtsdeutsch heißt, in den Vorjahren waren es etwa vier Mal so viele, unter Innensenator Ronald Schill führte Hamburg 2002 und 2003 sogar mehr als 3.000 Abschiebungen durch. "Grundsätzlich", sagt Möller, gebe es keine Abschiebungen bei Nacht und Nebel mehr, auch würden keine Familien getrennt - was allerdings nicht bei Straftätern gelte.

"Aber ein Fall wie vorige Woche in Schleswig-Holstein ist in Hamburg nicht mehr möglich", sagt Möller. Dort wurde eine Irakerin mit ihrer achtjährigen Tochter, die körperbehindert ist und an Epilepsie leidet, über Schweden in den Irak zurückgebracht, obwohl es dort keine Aussicht auf medizinische Behandlung gibt. Von einer "eklatanten Verletzung der Würde von Mutter und Kind", hatte das Diakonische Werk gesprochen.

Nach dem Eintritt der Grünen in die Hamburger Regierung wurden die Abschiebungen nach Afghanistan, Iran, Syrien und Guinea gestoppt, ebenso werden Roma nicht mehr ins Kosovo abgeschoben. Letzteres betreibt etwa Niedersachsen unverdrossen weiter. Zudem hat der südliche Nachbar inzwischen von Hamburg die Federführung bei Sammelabschiebungen übernommen, die jetzt vom Flughafen Hannover aus durchgeführt werden.

Beendet wurden in Hamburg auch die vielfach kritisierten "Botschafts-Delegationen": Dazu reisten vornehmlich aus westafrikanischen Staaten dubiose Männergruppen an und ließen es sich zwei Wochen in Hotels, Restaurants und anderen Vergnügungsorten auf städtische Kosten wohl ergehen. Tagsüber verhörten sie von der Ausländerbehörde vorgeführte Schwarzafrikaner und erkannten ihnen Staatsangehörigkeiten zu - die dann aber häufig von den Botschaften der angeblichen Heimatländer für obsolet erklärt wurden. Noch bis 2008 versuchte die Hamburger Ausländerbehörde, auf diesem Wege um jeden Preis eine Abschiebeadresse zu konstruieren.

Inzwischen verhandeln Vertreter der schwarz-grünen Fraktionen an einem Runden Tisch mit Innen- und Justizbehörde über weitere Verbesserungen. So könnten Meldeauflagen die Abschiebehaft ersetzen, eine verbesserte medizinische Versorgung für Illegale ohne Papiere eingeführt oder die Unterbringung von Flüchtlingen verbessert werden. Wichtig sei auch eine Zentralstelle für die Anerkennung von Berufsqualifikationen. Dazu werden intensive Gespräche mit Kammern und Berufsverbänden geführt. Bis Ende des Jahres, hofft Möller, "ist das hoffentlich positiv geklärt".

Positives erhofft sie sich auch vom neuen Innensenator, wenn Amtsinhaber Christoph Ahlhaus (CDU) erstmal Bürgermeister ist. Sie gehe davon aus, "dass sich an der guten Zusammenarbeit mit uns Grünen nichts ändert".

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3 Kommentare

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  • FK
    Felix Krebs

    Da hat die Hofberichterstattung aber einiges vergessen: Christoph Ahlhaus wurde 2008 von der Initiative "Jugendliche ohne Grenzen" zum Abschiebeminister des Jahres gewählt. Ahlhaus empfand das sogar als Kompliment und Bestätigung seiner harten Linie. In den anschließenden zwei Jahren kamen zwei Flüchtlinge in Abschiebehaft um. (taz berichtete) Und wenn Antje Möller jetzt auf einen neuen Innensenator hofft und damit Heino Vahldieck meinen sollte, sei sie an dessen Politik bevor er VS-Chef wurde erinnert: Vahldieck war insbesondere durch Anfragen zu "afrikanischen Drogendealern" und angeblich "nicht minderjährige" Jugendliche ohne Begleitung aufgefallen. Entsprechend hatte er sich für die umstrittene Altersfeststellung mittels Röntgen stark gemacht.

    Anscheinend haben GAL und SMV so einiges schon verdrängt, wenn es um die Rettung des schwarz-grünen Senates geht. Wie wäre es mit Neuwahlen, auch zur Beförderung einer humanitären Flüchtlingspolitik?

  • E
    elbraun

    Ärgerlich.

     

    Jetzt müssen die Grünen in der nächsten Zeit wirklich ernsthaft klar stellen, warum es sinnvoll ist, zu regieren (wenn fast alles von ihren Inhalten nicht umgesetzt wurde). Noch dazu mit einem CDU-Menschen (Ahlhaus) mit klar rechts-konservativer Kante. Damit der Partei nicht zu viel Ärgernis ins HAus steht, wenn sie (wie ich annehme) die Koalition fortsetzt, betätigt sich Sven Michael Veit seiner LIeblingsbeschäftigung. Er lobt die Grüne Politik (unter schwarz-grün). Manche nennen Veit scherzhaft bereits den zweiten Pressesprecher der GAL. So falsch ist der Titel wohl nicht - denn, so suggeriert der Artikel, in dem noch nicht mal die beiden verstorbenen Hamburger Abschiebehäftlinge erwähnt werden, es läuft in Hamburg ja alles in die richtige Richtung. Da hilft die bewusst leicht kritisch gehaltene Überschrift auch nicht mehr.

     

    Übrigens muss hier auch mal ein für alle mal eines gesagt werden. Ole von Beust ist kulturell und vom Habitus her liberaler (opportunistischer??) als es bspw ein Ahlhaus ist. Die POlitik, die von Beust indes mitgetragen und verantworet hat, ist gekennzeichnet durhc innere Härte, Eliten-Kultur, Verscherbelung des öffentlichen Eigenums, Megalomanie statt sozialer Fortschritt und Offenheit gegenüber Schill und Co. Das ist nicht ernsthaft klug-liberal (und natürlich erst recht nicht links) und verdient es nicht über den grünen Klee gelobt zu werden, nur weil sein potentieller Nachfolger ein leichter zu durchschaubarer Typ ist. Es ist keine Leistung von den Grünen die CDU zur gefühlt liberalen Großstadtpartei aufgewertet zu haben. Im Gegenteil: diese Zusammenarbeit und vermeintliche Aussage, nachdem die ja gar nicht so schlimm seien, verdecken die wirklichen gesellschaftlichen Gegensätze eines "so weiter mit gefühlt grünem Anstrich" oder einem wirklichen POlitikwechsel, der kurz-,mittel- und langfristig ALLES besser machen möchte.

  • A
    Assenmacher

    >Von einer "eklatanten Verletzung der Würde von Mutter und Kind", hatte das Diakonische Werk gesprochen.

     

    Spricht das Diakonische Werk eigentlich auch mal von einer "eklatanten Verletzung der Würde" alter Menschen in Pflegeheimen? Offensichtlich nicht.

    Wer nicht weiss was ich meine: einfach mit Claus Fussek googeln.

    Rolf