Flüchtlingspolitik in Dänemark: Ghettos zur Abschreckung
Kopenhagen halbiert die öffentlichen Gelder für die Flüchtlinge. Das soll sie abschrecken, nach Dänemark zu kommen. Und schafft eine neue Isolation.
Und es sind sogar deutlich weniger als noch vor einem Jahr. Weshalb in den vergangenen Wochen mehrere hundert Plätze in Asylunterkünften abgebaut werden konnten. Doch dieser Rückgang reicht Kopenhagen noch nicht. Die rechtsliberale Venstre, die mit Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen an der Spitze das Land seit zwei Monaten regiert, hatte den DänInnen im Wahlkampf nicht nur versprochen, sondern „garantiert“, die Flüchtlingszahlen im Vergleich zum Vorjahr deutlich zu reduzieren.
Und die „Garantie“ will man offensichtlich einlösen, ganz gleich wie es mit den Flüchtlingsströmen nach Europa derzeit aussieht. Am Mittwoch verabschiedete eine Parlamentsmehrheit mit 56 gegen 50 Stimmen eine Gesetzesvorlage der Regierung, die die Restriktionsschraube in der Flüchtlingspolitik eine weitere Umdrehung anzieht.
Der „blaue Block“ aus Rechtsliberalen, Dänischer Volkspartei, Konservativen und Liberaler Allianz halbierte mit Wirkung ab 1. September die finanzielle Unterstützung für Asylsuchende und ihre Familien. „Wir bekommen nicht weniger, sondern ärmere Flüchtlinge“, meint Anders Ladekarl, Vorsitzender des dänischen Roten Kreuzes.
Baracken statt Wohnungen
Vor allem werde man damit einen Großteil der bisherigen Integrationsbemühungen zunichte machen, kritisiert Winni Grosbøll, sozialdemokratische Bürgermeisterin von Bornholm. Ihre Gemeinde habe in der Vergangenheit die Strategie verfolgt, Flüchtlinge in „normalen“ Mietwohnungen oder -häusern verteilt unterzubringen, um so deren schnelle Integration in die lokale Gemeinschaft zu fördern: „Wir haben gute Erfahrungen damit, sie so gleich zum Teil des lokalen Alltagslebens zu machen.“
Mit den halbierten Leistungen fehle dafür aber die finanzielle Grundlage, und es drohten nun stattdessen Baracken- und Containerlager und damit die Entwicklung hin zu regelrechten Ghettos und einer Parallelgesellschaft.
Man habe bislang eine Spaltung in „die und wir“ weithin vermeiden können, betont auch Rebecca Helqvist, Leiterin des Integrationsteams der Stadt Næstved: „Doch nun besteht die Gefahr, dass wir eine Sammlung von Behelfsunterkünften errichten müssen, die dann in der Bevölkerung den Ruf als Asyllager bekommen: Mit allen eventuellen negativen Konsequenzen,“ betont Helqvist. Bislang gab es noch keine Meldungen über Anschläge auf Asylunterkünfte oder auf Flüchtlinge.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss