: Flüchtlingsfreunde im Visier der Neonazis
■ Rechter Terror gegen Runden Tisch Bramfeld / Morddrohungen per Telefon
Weil sie sich für eine humane Unterbringung von Flüchtlingen einsetzen, sind die Mitglieder des „Runden Tisches Bramfeld“ ins Visier von Neonazis geraten: Mit telefonischen Morddrohungen, Attacken und durch ein jüngst verteiltes Pamphlet versuchen die Rechtsradikalen Angst und Schrecken zu verbreiten. Der Sprecher des Runden Tisches, Jürgen Warncke: „Politik und staatliche Gewalt sind gefordert, dem Rechtsradikalismus entgegenzuwirken.“
Seit zwei Jahren bemühen sich die rund 50 Mitglieder des Runden Tisches – VertreterInnen unterschiedlichster Institutionen –, die rund 500 Asylbewerber in den fünf Flüchtlingsheimen in Bramfeld (50.000 Einwohner) mit diversen Projekten zu integrieren. Einer von ihnen ist Pastor Klaus Jähn von der Simeon-Gemeinde: „Es ist meine Pflicht und Aufgabe als Seelsorger, dafür zu sorgen, daß Menschen friedlich im Stadtteil zusammenleben und kein Haß das Klima vergiftet“, erläutert der Geistliche sein Engagement.
Doch seit Bestehen des Runden Tisches sind Jähn und seine Mitstreiter deswegen zunehmend Drohungen ausgesetzt. Im Mai vorigen Jahres schmierten Neonazis an die Kirche: „Volksverhetzer – Nigger raus.“ Jähns Adoptivsohn stammt aus Südafrika. Der Pastor: „Ich empfinde das schon als konkrete Bedrohung gegen meine Familie.“ Ende November randalierten Neonazis vor seinem Haus und sangen das Horst-Wessel-Lied. Die Polizei nahm fünf Jugendliche fest. In der Nacht bekam Jähn dann per Telefon Morddrohungen. „Klaus Jähn – du bist tot.“ Seit Februar blieben die Drohanrufe aus, doch jetzt kursiert ein Flugblatt mit dem Steckbrief des Pastors, in dem gegen Jähn und Warncke gewettert wird. „Asylmißbrauch stoppen – Runde Tische auflösen.“
Hinter der Aktion soll nach taz-Informationen eine Gruppe militanter Neonazis aus dem Raum Volksdorf/Farmsen-Berne stehen, die auch das Dossier mit Todesanzeige über den Stellinger Antifaschisten Jürgen Brammer hergestellt hat. „Über die Urheber gibt es keine konkreten Hinweise“, so Polizeisprecher Hartmut Kapp. „Das Bramfelder Flugblatt hat aber Bezüge zur Anti-Antifa-Kampagne.“ Die „Anti-Antifa-Kampagne“ war - wie berichtet - 1992 von Christian Worchs Nationaler Liste gestartet worden und wird mittlerweile von diversen Gruppierungen unterstützt. Kapp: „Bramfeld ist neben Lohbrügge der Schwerpunkt organisierter Neonazis.“
Trotz der persönlichen Bedrohung wollen die Aktivisten des Runden Tisches sich nicht einschüchtern lassen. Warncke: „Wir sind angetreten, dem Rechtsradikalimus entgegenzuwirken. Es gibt in Bramfeld eine breite Basis für friedliches Zusammenleben.“ Enttäuschung allerdings über die Polizei: „Wir fühlen uns allein gelassen.“ Peter Müller
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