piwik no script img

Flüchtlingsdrama in der SaharaIn der Wüste verdurstet

Dutzende Bauern verließen nach einer Missernte Niger. Doch sie verirrten sich auf dem Weg nach Algerien, ihnen ging das Wasser aus. Nun sind die meisten tot.

Kann leicht zur Todesfalle werden: Wüste in Niger. Bild: imago / Chromorange

NIAMEY afp/taz | In der Sahara-Wüste von Niger sind mindestens 35, möglicherweise mehr als doppelt so viele Migranten auf dem Weg nach Algerien verdurstet. Wie Abdourahmane Maouli, Bürgermeister der Uranbergbaustadt Arlit, gegenüber AFP sagte: „Reisende haben berichtet, sie hätten auf der Straße bis zu 35 Leichen gezählt, die meisten davon Frauen und Kinder“. Rhissa Feltou, Bürgermeister der größten nordnigrischen Stadt Agadez, bestätigte: „Rund 40 Nigrer, darunter zahlreiche Frauen und Kinder, sind auf dem Weg nach Algerien an Durst gestorben.“

Den Angaben zufolge verließen zwei Fahrzeuge mit mindestens 60 Auswanderern Arlit etwa am 15. Oktober, um ins südalgerische Tamanrasset zu fahren. Als eines der Fahrzeuge eine Panne hatte, sei das andere ohne Passagiere losgefahren, um Ersatzteile zu besorgen. Es sei aber nie zurückgekehrt.

Gegenüber dem nigrischen Radiosender Sahara FM berichtete ein 30 Jahre alter Überlebender namens Sadafiou, es hätten sich in den Fahrzeugen 98 Menschen befunden, von denen 82 gestorben seien. Die meisten seien verdurstet, aber auch die Reisebedingungen seien ein Problem gewesen: „Wir waren zusammengepfercht wie Vieh.“

Sie kämen aus dem Süden Nigers und hätten eine Missernte hinter sich; daher wollten sie in Algerien Geld verdienen. Sie hätten sich verfahren, als sie einer algerischen Grenzpatrouille entgehen wollten. Männer aus der Gruppe seien losgezogen, um Wasser zu suchen, aber als sie zurückkamen, seien schon zahlreiche Frauen und Kinder verdurstet. „Manche waren schon tot. Andere starben, nachdem sie die ersten Schlucke Wasser getrunken hatten. Manche starben, nachdem sie ihre Kinder in die Wüste geschickt hatten.“

„Durch den Geruch“ entdeckt

Überlebende hätten schließlich ein Auto angehalten. Ein Fahrer habe die Leichen „durch den Geruch“ entdeckt und man habe sie notdürftig verscharrt.

Fatou N’Diaye von der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in Arlit spricht aufgrund ihrer Interviews mit 13 Überlebenden von 78 Passagieren. Die nigrische Gendarmerie sagt, sie habe 19 Überlebende nach Arlit zurückgebracht und dann angefangen, die Leichen zu suchen. Es seien bis Montag fünf Tote geborgen worden.

Gegenüber dem französischen RFI-Rundfunk sagte ein lokaler Politiker, es sei schwierig, solche Dramen zu verhindern. „Es sind nigrische Staatsbürger, man kann sie nicht am Reisen innerhalb des Landes hindern“, sagte er. „Und man kann Leute, die einfach Verwandte in Tamanrasset besuchen, nicht von solchen unterscheiden, die eigentlich auswandern wollen.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!